"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Silvia Thurner · 29. Mai 2015 · Musik

Musikalische Monologe und imposante Klangbilder – qualitätvolle Musik und Werkdeutungen, aber wenig Publikum im ORF Funkhaus

In der Reihe „Neue Musik im Gespräch“ im ORF Funkhaus in Dornbirn präsentierte das „ensemble plus“ drei Solowerke für Viola und Violoncello von Wolfgang Lindner, John Palmer und Sonja Huber. Im Zentrum stand das hervorragend interpretierte Ensemblewerk „Für 13“ von Michael Floredo. Im Gespräch mit Bettina Barnay boten die Komponisten informative Einblicke in die Beschaffenheit ihrer Werke. Nicht viele folgten der Einladung ins Funkhaus, aber diejenigen, die da waren, erlebten einen abgerundeten Konzertabend in guter Atmosphäre.

Unterschiedlicher hätten die beiden Kompositionen für Bratsche solo von Wolfgang Lindner und John Palmer nicht angelegt sein können und gerade deshalb boten sie ein interessantes Wechselspiel kompositorischer Zugänge. Wolfgang Lindner hatte sich im „Lied der Sirenen“ in die Odyssee von Homer vertieft und den Gesang der Sirenen musikalisch versinnbildlicht. Mit breiten Kantilenen brachte er die Verführungskünste zum Ausdruck und zeigte die zerstörerische Kraft der Sirenen mit prägnant sich auflösenden Linien auf. Das Werk präsentierte Andreas Ticozzi, indem er diese Gegensätze gut proportioniert zueinander in Beziehung stellte.

Klangsinnlich und virtuos zugleich


Seine ganze Virtuosität entfaltete der Bratschist und Leiter des „ensemble plus“ in John Palmers „Verso l’alto“ für Viola solo. Die dialektisch angelegten Kommunikationsmuster stellte Andreas Ticozzi energiegeladen in den Raum, sodass die unterschiedlichen Handlungsebenen der komplexen melodischen Linien gut nachvollziehbar erklangen. Einen anregenden Disput boten dabei die zeitliche Entfaltung der Motive und die implizierte Gleichzeitigkeit der Ereignisse.

Die Miniatur mit dem schönen Titel „Catch up“ von Sonja Huber interpretierte Jessica Kuhn am Violoncello, indem sie die Impuls gebenden Motive und deren Nachklänge mit variantenreichen Tonqualitäten ausbreitete.

Schillernde Klangfarben


Michael Floredos Werk „Für 13“ erklang an diesem Abend gleich zwei Mal. Auf diese Weise konnten die Zuhörenden die Musik besser erfassen und intensiver erleben. Die Werkdeutung gestaltete das „ensemble plus“ - Anja Baldauf (Flöte), Alessia Varapayeva (Oboe), Markus Beer (Bassklarinette), Anita Martinek und Susanne Mattle (Violine); Andreas Ticozzi (Viola), Jessica Kuhn (Violoncello), Nina Langer (Kontrabass), Akiko Shiochi (Klavier), Simon Flatz, Andreas Zimmermann, Stefan Greussing und Alfred Achberger (Schlagzeug) unter der Leitung von Thomas Gertner – hervorragend. Vor allem in der zweiten Auflage entwickelte die Musik einen Drive, der dem Charakter der energetischen Komposition sehr entgegenkam.

Unterschiedlichste Klangkombinationen aus Streicher- und Holzbläserklängen sowie der Rhythmusgruppe, verstärkt durch das Klavier boten viel Abwechslung und klangliche Kristallisationspunkte. Besondere Aufmerksamkeit lenkten dabei die Rollenzuschreibungen der Instrumente und deren Rollentausch auf sich. Spannend entwickelten sich vor allem jene Passagen, in denen die zahlreichen Perkussionsinstrumente wie Marimba und Vibraphon, Trommeln, Pauken und Röhrenglocken flächige Tremoli ausbreiteten, während die Streicher und Holzbläser die rhythmisch pulsierende Floskeln spielten und dabei den musikalischen Fluss mächtig vorwärts trieben. Dass Michael Floredo zur Zeit der Werkentstehung im Jahr 2001 viel an der Orgel improvisierte, machten die klanglich hervorragend durchmischten und changierenden Farbenspiele der Instrumentierung deutlich. Diese Komposition wäre in größerer Besetzung auch als imposantes Orchesterwerk reizvoll.

Ignoranz


Eine offene Frage bleibt der geringe Publikumszuspruch, den derartige Konzerte hierzulande finden. Auch keine Jugendlichen fühlten sich angesprochen. Dabei müssten doch in unserer Zeit entstandene, neue Kompositionen besonders für Studentinnen und Studenten des Landeskonservatoriums und für Schüler des Musikgymnasiums interessant sein. Noch dazu, wenn sie bei freiem Eintritt zu hören sind.