Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 06. Aug 2015 · Musik

Musik im Zwischenraum der Töne – Maria Flavia Cerrato tauchte mit Musik von Morton Feldman in die Ausstellung von Joan Mitchell ein

Die derzeitige Ausstellung im Kunsthaus Bregenz zeigt Bilder der New Yorker Künstlerin Joan Mitchell. Sie selbst hatte eine große Affinität zur Musik und war unter anderem mit dem Komponisten Morton Feldman befreundet. In Kooperation mit den Bregenzer Festspielen wurde im KUB mit dem Klavierstück „For Bunita Marcus“ Musik und Bildende Kunst zueinander in Beziehung gestellt. Hoch konzentriert breitete die italienische Pianistin Maria Flavia Cerrato ein feinsinnig gewirktes Klangfeld aus. Die Performance im gut besuchten KUB war - zumindest für diejenigen, die sich auf das Wesentliche konzentrieren konnten – eine Bereicherung.

Morton Feldman komponierte eine Musik, die sich sehr langsam und in einem dauernden Fluss aneinander gereihter Schallereignisse entfaltet. Spätestens ab den siebziger Jahren war es dem amerikanischen Komponisten nicht mehr in erster Linie daran gelegen, sich mit seiner Musik an ein Publikum zu wenden. Viel mehr stellte er den Wert des Kompositionsprozesses in den Fokus seines Interesses. Seine Werke dauern mindestens eine Stunde bis hin zu fünfeinhalb Stunden. Kurioserweise konnte Feldman genau mit diesem Ansatz und den daraus resultierenden Kompositionen viele Musikinteressierte ansprechen.

Ideale akustische Voraussetzungen


Die Ausstellungsräume mit Gemälden von Joan Mitchell mit Musik von Morton Feldman zu bespielen, war ein guter Gedanke, denn zwischen den Bildern und der Musik entwickelte sich eine dichte Atmosphäre. Entscheidend für die Klangentfaltung war jedoch die hervorragende Akustik, die das KUB für Feldmans Musik bietet. Der hallige Raum im dritten Obergeschoss bot ideale Voraussetzungen, um den Klängen nachzuhören und ganz unterschiedliche Tonqualitäten wahrzunehmen.

Zu viele Worte


Der neue Direktor des KUB, Thomas Trummer, begrüßte die zahlreichen Zuhörenden mit einer viel zu langen Ansprache. Manche seiner Äußerungen über die Beziehung zwischen Bildender Kunst und Musik hätten Anlass zu einem Disput geben können. Danach hielt der Autor, Regisseur und Musiker Ernst M. Binder eine Vorlesung zum Werk bis endlich die Bühne frei war für die Pianistin Maria Flavia Cerrato.

Bewundernswerte Konzentration der Pianistin


„For Bunita Marcus“ bot die italienische Pianistin mit einer ebenmäßigen und differenzierten Anschlagskultur dar. Hoch konzentriert und mit einem guten Gespür für die unterschiedlichen Dauern der erklingenden Ereigniseinheiten sowie den dazwischen liegenden Zeiten entfaltete Maria Flavia Cerrato die außergewöhnliche Musik Morton Feldmans. So kristallisierten sich die Tonqualitäten jeder einzelnen Ereigniseinheit transparent und gut nachvollziehbar heraus. Wer sich während der siebzig Minuten dauernden Komposition auf den langsamen Fluss, auf die Schwebungen, fein abgestimmte Motivveränderungen, Kontakte zwischen den Tönen, Schwingungsverhältnisse unterschiedlicher Intervallkonstellationen und vieles andere einlassen konnte, gelangte in einen in sich ruhenden, vielschichtig schillernden Klangraum.

Unruhiges Auditorium


Während der Performance im KUB war dies jedoch ein schwieriges Unterfangen. Ein konzentriertes Zuhören war zumindest mir nur abschnittweise möglich. Zwar freute sich der KUB Direktor über die vielen Konzertbesucherinnen und –besucher. Allerdings war es meiner Wahrnehmung nach vielen Anwesenden nicht bewusst, welcher Art von Musik sie im Konzert begegnen würden. Viele haben sich wohl einen konventionellen Klavierabend erwartet. Dementsprechend unruhig war das Auditorium - einige haben den Saal verlassen.

Trotzdem war die Aufführung und die Zusammenführung der künstlerischen Werke von Joan Mitchell und Morton Feldman ein herausragendes Ereignis im Programm der diesjährigen Bregenzer Festspiele.

 

Tipp:
Konzert Morton Feldman three voices
Manuela Klöckner-Marseglia, Stimme
Samstag, 19. September, 17 Uhr
Kunsthaus Bregenz