"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Silvia Thurner · 01. Apr 2019 · Musik

Musik, die die Sinne belebte – viel Applaus für das Ensemble PulsArt unter der Leitung von Benjamin Lack am Vorarlberger Landeskonservatorium

Seit der Gründung des Ensembles PulsArt im vergangenen Jahr wenden Dozenten und Studierende des Vorarlberger Landeskonservatoriums den Blick auch in die musikalische Gegenwart. Bei einem beeindruckenden Konzert unter der Leitung von Benjamin Lack wurden Klassiker der Moderne von Edgar Varése, Anton Webern und sowie György Kurtág aufgeführt. Dabei begeisterten die Musikerinnen und Musiker mit ihrem engagierte Zugang auf die unterschiedlichen Kompositionen und die konzentrierte Spielart. Slavik Stakhov am Vibraphon sowie Benjamin Engeli am Klavier spielten ihre Soloparts souverän. Abgerundet wurde das anregende Konzert mit dem Vibraphonkonzert von Raphael Lins und der Uraufführung des neuesten Werkes von Tristan Uth.

Tristan Uth studiert in der Kompositionsklasse von Herbert Willi. Kurz vor dem Studienabschluss führte nun das PulsArt-Ensemble Uths neuestes Werk - die „Musik für Kammerorchester“ - erstmals auf. Für großes Ensemble ist die bunt zusammengesetzte Musik komponiert, die innerhalb von drei Abschnitten vor allem mit Kontrasten aufwartete und dabei eingängige Bilder im Kopf erzeugte. Mit einer sinnlichen Klangfläche schufen die Musikerinnen und Musiker zuerst ein naturhaftes Ambiente, in dem eine durch Tonrepetitionen geschaffene Zeitachse aufhorchen ließ. Im Gegensatz dazu stand der darauffolgende, motorisch angelegte Abschnitt, in den ruhigere Klangfenster eingeschrieben waren. Zwar entfaltete sich eine unterschwellige Spannung, doch teilweise wirkte der musikalische Verlauf allzu vorhersehbar. Dieser Eindruck verstärkte sich im Schlussteil, als ruhige, in sich kreisende Sequenzen von etwas plakativ eingesetzten Bläserfloskeln immer wieder gestört wurden. Anreize bot der vom Komponisten gespielte Klangstein, der ein interessantes Klangspektrum eröffnete bevor das Werk mit einem Fade-out im Pianissimo ausklang.

Das Vibraphonkonzert von Raphael Lins, er studiert ebenfalls in der Kompositionsklasse von Herbert Willi, wurde bereits beim Festival „Texte und Töne“ 2018 uraufgeführt, umso erfreulicher war die Wiederaufführung des Werkes. Im Festsaal des Landeskonservatoriums entfaltete sich die Musik transparent, wodurch der Solopart hervorragend zur Geltung kam. Diesen prägte Slavik Stakhov, Schlagzeugprofessor des Hauses, mit seinem beherzten Spiel. Den Höhepunkt des Werkes bildete der filigrane Mittelteil. Im Vibraphon wurden mit einem schwebenden Duktus zwei Klangebenen ausgelotet und feinsinnig mit den Ensembleinstrumenten in Beziehung gesetzt. Nachdrücklich formten die Musikerinnen und Musiker im Finale die musikalischen Gesten mit Wiederholungen und Vergrößerungen über einem treibenden Rhythmus aus.

Die Kompositionsgeschichte des 20. Jahrhundert beinhaltet zahlreiche Schlüsselwerke, die in Vorarlberg praktisch nie zu hören sind. Dass nun das Ensemble PulsArt dieses Manko eindämmt, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Auf der einen Seite bieten die unterschiedlichen Stile den Studierenden ein großes Spektrum an neuen musikalischen Erfahrungen. Auf der anderen Seite erhielten die Zuhörenden faszinierende Einblicke in ganz unterschiedliche musikalische Ausdruckswelten. Qualitätsvoll wurden die Kompositionen unter der Leitung von Benjamin Lack interpretiert, wobei der Ensembleleiter betonte, dass seine Kollegen Slavik Stakhov und Benjamin Engeli maßgeblich bei der Einstudierung der Werke mitgewirkt haben.

Meilensteine der Musikgeschichte

Ein besonderes Erlebnis war die Aufführung des Werkes „Ionisation“ für 13 Schlagzeuger von Edgar Varése. Mit höchster Aufmerksamkeit fügten die Musiker die einzelnen Phrasen zusammen und ließen so ein musikalisches Ganzes entstehen, das einesteils durch die perkussive Klangfarbenvielfalt beeindruckte und andernteils die melodischen Qualitäten der Perkussionsinstrumente und Geräuschmacher eindrucksvoll in Szene setzte. Die dynamischen Prozesse, die zu ganz unterschiedlichen Kulminationen und zur „Aufsprengung“ in klangliche Partikel führten, waren lebhaft nachvollziehbar.

Eine große Herausforderung stellte die extreme Reduktion dar, die Anton Webern in seinem Opus 24 an die Ausführenden stellte. Auch dieses Werk gestalteten die Studierenden konzentriert aus, denn sie waren sich bewusst, dass jede Nuance der Töne eine große Bedeutung hat.

Energetisch und feinfühlig zugleich wurde György Kurtágs Werk „… quasi una fantasia…“ op. 27, Nr. 1 für Klavier und Instrumentengruppen mit dem Solisten Benjamin Engeli am Klavier entfaltet. Auch hier galt es, jedem Ton seinen eigenen Charakter zu verleihen und mit höchster Intensität zu musizieren. Dies gelang hervorragend, so dass die Emotionalität der Musik zum Ausdruck kam. Die klangfarbenreiche Musik verströmte einen mitteilsamen und fließenden Duktus, der nach dem wilden Mittelteil mit einer beeindruckenden ätherischen Ruhe und suchenden Gesten zum Schluss hingeführt wurde.

Auf die weitere Entwicklung dieses nicht nur für das Haus, sondern für das Land wichtigen „PulsArt“ Ensembles darf man sich freuen.

Tipp:
Weitere Aufführung des Konzertprogrammes mit dem PulsArt-Ensemble unter der Leitung von Benjamin Lack (in Zusammenarbeit mit „newart music contrapunkt“)
2.4., 20 Uhr, Pfaltzkeller St. Gallen