Mit Sehnsucht und Spielfreude: Tuure Kilpelainen begeistert in der Kammgarn Hard
Ein Wettbewerb im Gummistiefel-Weitwurf (an dem der Autor dieses Artikels übrigens begeistert teilgenommen hat) auf dem Bregenzer Kornmarktplatz vor zwei Wochen war erst der Anfang. Finnland ist Ehrengast der Frankfurter Buchmesse, die am morgigen Sonntag zu Ende geht. Diesen Status hat die Österreichisch-Finnische Gesellschaft Vorarlberg zum Anlass genommen, die kulturellen Besonderheiten des nordeuropäischen Landes nach Vorarlberg zu holen. Einer der Höhepunkte des Programms „Finnland.Cool“ war das Konzert am Freitagabend: Tuure Kilpelainen kam mit seiner Band „Kaihon Karavaani“ in die Kammgarn Hard.
Von wegen unterkühlte Skandinavier. Es dauert nur einen Song, dann hat Tuure Kilpelainen mit seinen fünf Bandkollegen das Publikum schon auf seiner Seite. Seine Energie und spürbare Spielfreude springt sofort über – die ersten Tänzer legen bereits vor der Kammgarn-Bühne los. Der erste Verdacht hat getäuscht. Wenn eine Band aus dem hohen Norden „Karawane der Sehnsucht“ heißt, zudem ganz in Schwarz oder zumindest Grau auftritt und der Frontman in seinen englischen Moderationen häufiger von „desperation“, also Verzweiflung, spricht, erwartet der Zuhörer eine getragene, moll-lastige Vorstellung, möglicherweise so trostlos wie ein früher Film von Aki Kaurismäki.
Mitreißender Stilmix
Aber wenn der Vergleich zu dem berühmten finnischen Regisseur überhaupt angebracht ist, dann allenfalls zu einem seiner späteren, ungleich optimistischeren Werke wie „Le Havre“. Denn die gute Stimmung, die Lebenslust von Kilpelainen und seinen Mitstreitern an Drums, Percussion, E-Gitarre, Kontrabass, Akkordeon und Keyboard ist spürbar. Gemeinsam spielen sie eine mitreißende Mischung aus Folk, Pop, Rock und Klezmer bzw. osteuropäisch klingenden Motiven. Dabei haben sie neben wunderschönen Balladen viele treibende Offbeat-Stücke im Gepäck.
Den einen oder anderen Kalauer kann sich der 44-Jährige Sänger und (Akustik-)Gitarrist nicht verkneifen. „This next song is dedicated to the people here in Hard“, sagt er und fügt zur Erklärung mit einem Grinsen hinzu: „Life is hard sometimes.“ Seine Texte sind ausschließlich auf Finnisch – und damit laut Handzeichen nur für eine Handvoll Zuhörer (immerhin!) zu verstehen. Das Vergnügen des restlichen Publikums schmälert dieser Umstand aber kein bisschen. Seine Botschaften kommen auch so an. Anderswo mag es nach einer Binsenweisheit klingen, hier wird es jedoch erlebbar: Die Sprache der Musik ist universell verständlich.
Premiere außerhalb Finnlands
Fünf Jahre gibt es diese Band aus Helsinki („A cold place, it´s getting colder now all the time“) nun schon. Fünf Jahre, in denen sie vier Alben aufgenommen haben und viel auf Tournee waren – bislang ausschließlich in Finnland, wo ihr letztes Album über 30 Wochen in den Charts war. Ihr Auftritt in der Kammgarn ist ihr erster im Ausland. Von Nervosität ist bei den Musikern nichts zu spüren. Ob sie ein berühmtes finnisches Gedicht vertonen – mit wummerndem Bass und einem Keyboard, das nach Orgel klingt – oder ein Hohelied auf lebenslange Freundschaften anstimmen: Sie spielen sehr präzise und erreichen in jedem Moment ihre Zuhörer. Wenn die Vorarlberger Reisebüros in den nächsten Wochen eine spürbare Steigerung der Nachfrage nach finnischen Zielen verzeichen sollten, ist der Grund dafür sicher auch an diesem ausgelassenen Freitagabend in der Kammgarn zu finden.
www.kammgarn.at
www.tuurekilpelainen.fi
Das Programm „Finnland.Cool“ geht noch weiter:
Bis heute, Samstag, 11. Oktober ist noch die Ausstellung des Künstlers und Pressefotografen Juha Metso in der Galerie Lisi Hämmerle in Bregenz zu sehen. www.galerie-lisihaemmerle.at
Ebenso endet an diesem Tag die Fotoausstellung „Kuva“ – Finnische Impressionen von Tarja Prüss in der Stadtbücherei Dornbirn, Schulgasse 44.
Am 4. November startet die Ausstellung „Holz – nachhaltiges Bauen in Finnland“ im Landhaus Bregenz (bis 19.11.).
Infos zur Österreichisch-Finnischen Gesellschaft Vorarlberg gibt es auf Facebook:
https://www.facebook.com/ofgvoralberg