Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 10. Okt 2010 · Musik

Mit Humor und bewundernswerter Übereinstimmung - das Sonus Brass Ensemble und Mike Svoboda boten ein großes BrassSpektakel 2010

Beim fünften BrassSpektakel in der Remise Bludenz stellte das Sonus Brass Ensemble seine Vielseitigkeit aufs Neue eindrücklich unter Beweis. Als Artist in Residence haben die fünf den Posaunisten und Komponisten Mike Svoboda eingeladen. Zusammen spielten sie die Uraufführung des 12-teiligen Werkes „Tierkreis“ von Karlheinz Stockhausen, wie es Mike Svoboda kenntnisreich für Posaune und Blechbläserquintett eingerichtet hat. Im zweiten Teil boten die Musiker das szenische Konzert "Rocky Roccoco", in dem Musik der Barockzeit auf Werke von heute trifft. Das Publikum amüsierte sich köstlich bei dieser ideenreich, humorvoll und klug konzipierten Performance.

Nach dem bereits obligatorischen „Elfi-Jodler“ von Werner Pirchner spielte Mike Svoboda seine Eigenkomposition „Konzertetüden für Posaune“ aus dem Jahr 2008. In fünf Abschnitten entfaltete er seine ganze Meisterschaft auf diesem Instrument. Beim ersten Stück drängte sich ein anregender Vergleich mit dem zuvor erklungenen Elfi-Jodler auf. Dann führte Svoboda die Zuhörenden in eine meditative Klangwelt, die an Worldmusic denken ließ. Unterschiedliche Klangperspektiven entfalteten im dritten Stück eine besondere Wirkung, die in den Aufspreizungen der Klänge mit Tremoloeffekten im vierten Abschnitt den Höhepunkt fand. Lediglich das fünfte Stück dieser spannend angelegten Komposition erweckte einen etüdenhaften Eindruck.

Im Wissen um die Intentionen des Komponisten

Der aus den USA stammende Mike Svoboda ist als herausragender Musiker international erfolgreich. Auch als Musikvermittler findet er Anerkennung. In der Bludenzer Remise amüsierte er mich mit seinen Anspielungen und den etwas gekünstelt wiederholten Witzchen jedoch nur anfangs. Dass er gegenüber der Neuen Musik und Karlheinz Stockhausen altbekannte Vorurteile schürte, enttäuschte und ärgerte mich geradezu. Die Art und Weise, wie er jedoch Stockhausens „Tierkreis“ für Posaune und Blechbläserquintett gesetzt hat, entschädigte und versetzte mich in Staunen. Von Beginn an wurde eindrücklich klar, dass Svoboda, der jahrelang mit dem Komponisten Karlheinz Stockhausen zusammen gearbeitet hat, dessen berühmtes Werk sehr genau kennt.

Gut aufeinander abgestimmt

Stringent und bis ins Detail ausgeklügelt schuf er eine nuancierte Musik, die die Charaktere der zwölf Sternzeichen mit vielfältigsten Mitteln farbenreich zum Ausdruck brachte. Überdies wurden musikalische Klammern zwischen den vier Elementen Luft, Feuer, Wasser und Erde nachvollziehbar. Stefan Dünser, Attila Krako (Trompete), Andreas Schuchter (Horn), Wolfgang Bilgeri (Posaune) und Harald Schele (Tuba) setzten das Werk mit ganzem Einsatz um und beeindruckten mit ihrer hervorragend aufeinander abgestimmten Spielart. So traten die Hauptlinien jeweils in unterschiedlichsten Instrumentalfarben in den Vordergrund, Ober- und Innenflächen der Komposition wirkten vielschichtig verwoben. Der musikalische Fluss entwickelte sich natürlich und wirkte nie analytisch determiniert.

Wenn Akkurate und Lässige einander treffen

In der zweiten Konzerthälfte präsentierte das Sonus Brass Ensemble sein neuestes Musiktheaterprojekt „Rocky Roccoco“, das im Rahmen der diesjährigen Bregenzer Festspiele uraufgeführt wurde. Nach der Idee von Stefan Dünser nimmt das Ensemble den traditionellen Konzertbetrieb und das mitunter etwas steife Auftreten zahlreicher Musiker aufs Korn. Zuerst stehen sich die Protagonisten der alten und der modernen Musik befremdet gegenüber. Lediglich aus musikalischen Mitteln schöpfend, erfassen die Musiker aus den unterschiedlichen Genres jedoch die Gemeinsamkeiten und zeigen das Miteinander auf. In und mit der Musik wurde klar, dass sich vordergründig unterschiedliche musikalische Welten ähnlich sind oder sich originell miteinander verknüpfen lassen.

Innermusikalische Zusammenhänge choreografisch heraus geformt

Die hervorragende Choreografie von Ela Baumann, die neben Dan Tanson, auch die Regie führte, machte  darüber hinaus musikalische Themenführungen deutlich. So wurden musikalische Dialogmuster zwischen den Instrumenten sowie dynamische Entwicklungen auch optisch erlebbar. Kati Moritz sorgte für ein gelungenes Lightdesign. Mitunter erweckte jedoch das ambitionierte Vorhaben, musikalische Bewegungsverläufe auch tänzerisch und in der Bewegung darzustellen, den Anschein des Klamauks.
Selbstverständlich gelingt ein derartiges Musiktheater nur dann, wenn die Musiker auch über eine gebührende Portion schauspielerischesTalent und Körperbeherrschung verfügen. So gesehen ist es ein Glückfalls und weithin auch einzigartig, dass die fünf des Sonus Brass Ensemble sich so gut verstehen und ergänzen. Das Publikum applaudierte amüsiert und begeistert.