Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 04. Okt 2021 · Musik

Mit großer poetischer Ausstrahlung – Jubel für Fatma Said, Sabine Meyer, Nils Mönkemeyer und William Youn bei der Schubertiade Hohenems

Die Sopranistin Fatma Said hat mit ihrer glockenklar fließenden Stimme und ihren ausdrucksstarken Lieddeutungen bei vorangegangenen Konzerten im Rahmen der Schubertiade Hohenems niemanden unberührt gelassen. Deshalb wurde ihr Auftritt in der laufenden Saison mit Spannung erwartet. Zusammen mit der Klarinettistin Sabine Meyer, dem Bratschisten Nils Mönkemeyer und dem Pianisten William Youn wurde eine vielseitige Werkauswahl geboten, unter anderem Raritäten von Louis Spohr und Carl Reinecke. Während im einen Abschnitt vor allem im Hinblick auf die Klangbalance Wünsche offen blieben, begeisterte die andere Konzerthälfte mit Schubertliedern und einem Variationssatz von Mozart voll und ganz.

Sehr bekannten Schubertliedern wandte sich die aus Ägypten stammende Sopranistin Fatma Said zu und zog mit ihrer emotionalen Strahlkraft die Zuhörenden in ihren Bann. Sie führte ihren kraftvollen und warmen Sopran natürlich über die Stimmregister hinweg und schuf damit variantenreiche Werkdeutungen. Eindringlich stellte Fatma Said in „Der Tod und das Mädchen“ mit den Liegetönen in tiefen Lagen den Tod als Freund dar. Die Naturschilderungen in „Ganymed“ formte die Sängerin zielorientiert und spannend bis zur abschließenden Geste. Der wiegende Duktus unterstrich den Aussagegehalt in „Nachtviolen“.
Den Höhepunkt bildete die schauerliche Ballade „Der Zwerg“, die Fatma Said in variantenreichen Rollenverteilungen in den Raum stellte. Die beinahe als Sprechgesang ausgedeutete Passage, in der die Täter-Opferrolle musikalisch auch im Klavierpart umgedeutet wurde, kam eindrücklich zur Geltung. In Erinnerung blieben auch die chromatisch sinkenden Tonlinien, die den Tod der Königin versinnbildlichten.

Mitreißender „Hirt auf dem Felsen“

Zum Abschluss erklang die berühmte Ballade „Der Hirt auf dem Felsen“. Darin öffneten die Sängerin und die Klarinettistin einen weiten Raum mit wunderbar klar entfalteten Echowirkungen, einem drängenden Duktus, dynamisch ausgestalten Trillermotiven und kraftvollen Phrasierungsbögen. Mit einem atemberaubenden Pianissimo leitete Sabine Meyer über in die hoffnungsvollen Schlussstrophe.
Wesentlich belebt wurden die Schubertlieder und Balladen vom Pianisten William Youn. Er deutete die Klavierparts detailreich aus, ging auf die Stimmungsbilder und die dynamischen Entwicklungslinien der Sängerin feinfühlig ein und wirkte dadurch sehr präsent und textdeutend.
Im Duett musizierten der Bratschist Nils Mönkemeyer und William Youn den Variationssatz über „Hélas, j’ai perdu mon amant“ (KV 360) für Viola und Klavier von W.A. Mozart. Kurzweilig verliehen sie der Musik mit gut nachvollziehbaren Zwiegesprächen ein eigenes Profil.

Gut kammermusikalische Partner mit einem wenig überzeugenden Werk

Sabine Meyer, Nils Mönkemeyer und William Youn spielten überdies das Klarinettentrio, op. 264 von Carl Reinecke. Obwohl einige Themen des viersätzigen Werkes aufhorchen ließen, hinterließ diese Werkdeutung einen eher unbefriedigenden Eindruck. Die Klangbalance zwischen dem Klavier sowie der Bratsche und der Klarinette wirkte wenig ausgewogen. Über weite Strecken kam die Bratschenstimme zu wenig zur Geltung und auch die Linienführung der Klarinette wurde vom dichten Klaviersatz zu weit in den Hintergrund gedrängt. Dies lag jedoch weniger an der interpretatorischen Ausführung, als vielmehr in der kompositorischen Anlage und Instrumentierung des Klaviertrios.

Allzu dominant legte William Youn den Klavierpart in „Zwiegesang“ aus Louis Spohrs Liedern für Sopran, Klarinette und Klavier, op. 103 an. In „Sehnsucht“, „Wiegenlied in drei Tönen“ und „Wach auf“ stellte sich schließlich eine gute Balance ein. Darin lenkten die klangsinnlichen Dialoge zwischen der Sopranistin und der Klarinettistin die Aufmerksamkeit auf sich. Spannend angelegt war zudem die Rollenverteilung, wenn Sabine Meyer die Klarinettenstimme einmal als zweite Gesangslinie und ein anderes Mal als kammermusikalischen Instrumentalpart mit bewundernswerter Leichtigkeit ausgestaltete.
Mit viel Jubel wurden die sympathischen und bescheiden auftretenden Künster:innen von den Zuhörenden gefeiert.