"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Silvia Thurner · 30. Mai 2016 · Musik

Mit der ganzen Kraft des persönlichen Empfindens – Das Pittsburgh Symphony Orchestra, Manfred Honeck und der Pianist Daniil Trifonov weckten Jubelstimmung

Den krönenden Abschluss der Bregenzer Meisterkonzerte Abonnementreihe stellte das Konzert mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra unter der Leitung des Chefdirigenten Manfred Honeck dar. Darüber hinaus war der russische Pianist Daniil Trifonov - derzeit als Superstar in aller Munde – als Solist des zweiten Klavierkonzertes von Sergej Rachmaninow zu erleben. Sogleich mit den ersten Takten aus Beethovens „Coriolan“ Ouvertüre zogen die Musiker das Publikum in ihren Bann. Manfred Honeck führte das Orchester mit großer Körperspannung und Bühnenpräsenz sowie ausdrucksstarker Gestik. Mit atemberaubender Präzision stellte das groß besetzte Orchester die Kompositionen in den Raum des Bregenzer Festspielhauses. Im Anschluss an den inspirierenden Konzertabend wurde Manfred Honeck für seine außerordentlichen Leistungen der Titel des Ehrenprofessors verliehen.

Daniil Trifonov interpretierte mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra das zweite Klavierkonzert von Sergej Rachmaninov. Mit stoischer Ruhe setzte sich der erste 26-jährige russische Pianist an den Flügel und sammelte sich. Energiegeladen ließ er sodann die ersten Akkorde zu Glockeschlägen kulminieren und hatte die Aufmerksamkeit des Publikums sofort bei sich. Mit unterschiedlichen Gewichtungen und einer Tongebung, die die Klangqualitäten sehr fein austarierte, führte Daniil Trifonov die Themen aus. Das Charisma des Pianisten kam im Adagio voll zum Tragen, als er die Musik aus der Stille herauskristallisierte und berückend schöne Dialoge mit der Flöte und der Klarinette entfaltete. Die Melodielinie führte er völlig ungekünstelt und schlicht und verlieh ihr genau damit eine große poetische Kraft. Einen markanten Höhepunkt bildeten die tremolierenden Passagen in höchsten Lagen, die Trifonov mit einem prägnanten Crescendo anschwellen ließ und unmittelbar darauf wieder zu einem Pianissimo reduzierte. Spätestens in dieser Passage war gut nachvollziehbar, dass Trifonov kompositorisch tätig ist. Seine individuelle Art die musikalischen Verläufe zu gestalten, sind wesentlich auch von seiner eigenen kompositorischen Kreativität geprägt. Ganz im Klang aufgehend artikulierte der Pianist den Finalsatz, in dem der Humor bereits in den Themen angelegt war.

Ein immer größer werdendes Einverständnis


Das Pittsburgh Orchestra und Manfred Honeck sowie der Pianist waren nicht von Beginn an auf einer Linie miteinander, denn vor allem im ersten Satz wirkte das groß besetzte Orchester gegenüber dem Solisten zu dominant. Doch in weiterer Folge entwickelte sich ein bewundernswertes Geben und Nehmen und vor allem im Finalsatz ließ eine Passagen aufhorchen, in welcher der musikalische Fluss humorvoll auf die Schnippe genommen wurde. Eigentlich hätte man sich eine im Forte geführte große Geste erwartet, doch überraschend piano, sachte und leichtfüßig modellierten die Musiker Rachmaninows Musik und gewährten den Zuhörenden ein eindrückliches musikalisches Erlebnis.

Wogend, kraftvoll und sinnlich


Pjotr Iljitsch Tschaikowskijs Sinfonie Nr. 5, op. 64 ist ein monumentales Werk, das das Pittsburgh Orchestra unter der Leitung von Manfred Honeck bis in die kleinsten musikalischen Fasern hinein detaillreich ausdeutete. Mit dieser Spielart eröffneten die Musiker den Zuhörenden einige neue Hörsperspektiven. Den Bewegungsfluss im Andante wurde mit einem gemeinsamen Atem entfaltet und überdies verlieh die geistreiche und exakt aufeinander abgestimmte Spielweise der Musik eine wogende Kraft. Welch großen Stellenwert für Manfred Honeck und das Orchester die Stille, die Generalpausen und die Pianokultur einnahmen, war insbesondere im zweiten Satz erlebbar. Grandios gestaltete der fein musizierende Hornist sein Solo. Der Walzer wirkte elegant phrasiert und dynamisch sehr genau dosiert. Nach der choralartig zelebrierten Passage entwickelten der Dirigent und das Orchester im Finalsatz die Conclusio der musikalischen Werkaussage transparent und in einem in sich schlüssigen, groß angelegten Bogen.

Zwischen den Polen der Spannung und Entspannung


Manfred Honeck am Dirigentenpult beeindruckte aufs Neue durch seine großartige Präsenz, er leitete und führte die Orchestermusiker mit klaren Gesten und war ganz bei ihnen. Die klare Gestik sowie die Kondition, mit der Manfred Honeck die Spannung bis zum letzten Verklingen aufrecht hielt, waren bewundernswert. Letztlich lag darin auch die mitreißende Musizierhaltung des Orchesters begründet, die jede einzelne Passage punkt genau positionierte und exakt darstellte.

Ab nun auch Professor


Im Anschluss an den erfrischenden Konzertabend kündigte Kulturstadtrat Michael Rauth die Verleihung des Professorentitels für Manfred Honeck an. Dieser wurde ihm auf Antrag der Landesregierung und im Auftrag des Bundespräsidenten von Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser überreicht. Der Rahmen war bewusst und gut gewählt, denn seit acht Jahren ist der international renommierte Manfred Honeck der musikalische Leiter des Pittsburgh Symphony Orchestras. Trotz seiner vielen Auslandsverpflichtungen hat Manfred Honeck seinen familiären Lebensmittelpunkt in Altach. In der Kürze des persönlich gestalteten Festaktes im voll besetzten Bregenzer Festspielhaus lag die Würze. Und mit dem energiegeladen dargebotenen Galopp aus der Maskerade von Aram Khataturian sowie der liebevoll eingestreuten Reminiszenz „O Hoamatle“ hatte schließlich doch noch die Musik das letzte Wort.