Neu in den Kinos: „Teaches of Peaches" Musikdoku des gebürtigen Vorarlbergers Philipp Fussenegger (Foto: Avanti Media Fiction)
Thomas Kuschny · 09. Mai 2014 · Musik

Millionen Noten - Christy Dorans „New Bag“ am Spielboden Dornbirn

Herr Doran ist ein ganz Altgedienter. Vor über 40 Jahren war er Mitbegründer der Musikhochschule Luzern, wo er heute noch unterrichtet. Mit dem Schweizer Ensemble „OM“ reüssierte er zur selben Zeit zusammen mit seinem Langzeit-Drummer Fredy Studer auf Europas Bühnen. Am bekanntesten sind seine beiden phänomenalen Hendrix-Tributes, die unter Mitwirkung von Django Bates, Erika Stucky usw. sämtliche anderen Versuche dieser Art (Nguyên Lê!) ziemlich alt aussehen lassen. Seit 1997 gibt es „New Bag“, die gestern in einer neuen Besetzung zu hören waren.

Die Band beginnt nach einer kurzen Irritation (Brille vergessen!) mit einem fast konventionellen, wenig aufregenden 10/8 Funk, man hofft alsbald, dass sich dies noch ändern wird. Das tut es glücklicherweise auch. Dorans Hang, äußerst komplexe Kompositionen samt energiegeladenen freien Improvisationen in einen Rock-Kontext einzubetten, kommt bald zu Tage. Dazu trägt auch das (fast) klassische Line-up bei. Ein Bass fehlt zwar, denn dieser wird in „The Doors“-scher Manier vom Keyboarder ersetzt, ansonsten komplettieren aber Gesang und Schlagzeug die Besetzung. Aus dieser ragt besonders Tastenmann Vincent Membrez hervor, seine Soli am Rhodes sind beseelt-geschmackvoll, keine virtuosen Gimmicks. Kundig und energiegeladen bedient er auch den Moog-Synthesizer, furios in einem Duo mit dem druckvollen, präzisen Drummer Lionel Friedli, sprichwörtlich geht hier die Post ab!

Dicht verzahnt mit den Keyboards agiert der Gitarrist und macht sich's nicht leicht. Die Kompositionen erinnern wohl nicht zufällig an einige wahnwitzige Ausritte Frank Zappas. Doran erhöht den Schwierigkeitsgrad noch mit komplizierten nicht endenwollenden Hochgeschwindigkeits-Crosspicks. Der Höhepunkt ist hier das staunenmachende „Take the floor and lift the roof“, wenn das Quartett wie aus einem Guss ein Ungetüm aus Millionen Noten hinknallt. Uff!

Und die Sängerin? Sarah Buechi meistert makellos anspruchsvolle Unisono-Passagen, verfügt dank ihres längeren Studiums indischer Musik auch über selten gehörte Techniken und hat eine kräftige Stimme, die aber, man muss es sagen, auf Dauer eher penetrant wirkt. Eine kaum charismatische Bühnenpräsenz, hölzerne Moderation und ihr Bonnie Tyler-Outfit mögen hier vielleicht verstärkend wirken. (Das Auge hört eben mit, da kann man nichts machen.) In diesem Fall wäre weniger eindeutig mehr gewesen.