Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Silvia Thurner · 09. Mai 2014 · Musik

Vital, musikantisch und impulsiv – Fazil Says Kammermusik begeisterte am Ende eines Meisterkurses

Ausgewählte StudentInnen des Landeskonservatoriums hatten das Glück, im Rahmen eines Meisterkurses beim Bodenseefestival mit dem international renommierten Pianisten und Komponisten Fazil Say zusammenzuarbeiten und mit ihm gemeinsam zu musizieren. Zum Abschlusskonzert kamen viele in den Festsaal des Landeskonservatoriums. Vom ersten Moment an war klar, dass die Studierenden auf der Bühne das in diesem Moment für sie Möglichste geben und diese inspirierende Atmosphäre übertrug sich unmittelbar auf das Publikum. Die energiegeladenen Kompositionen von Fazil Say und die im Meisterkurs erarbeiteten Werkdeutungen fanden begeisterte Zustimmung.

Zwei Tage lang hatte Fazil Say, der sehr selten für Meisterklassen zur Verfügung steht, mit MusikstudentInnen des Landeskonservatoriums in Feldkirch vier Kammermusikstücke aus seiner Feder einstudiert. Am Klavier musizierte er mit den Studierenden in den beiden Werken „Space Jump“ und in der Sonate op. 7.

Intensive Tongebung


Fazil Say hat eine ungewöhnlich starke Ausdruckskraft. Sowohl als Musiker als auch als Komponist kommt sein Temperament unmittelbar zur Geltung. So auch an diesem Abend, wo er mit Karina Nöbl an der Violine die Sonate für Violine und Klavier op. 7 interpretierte. Poetisch, mit einer ätherisch aufsteigenden Linie, stimmten die beiden das Werk an und führten die Musik nach einer flinken Pizzicatopassage in ein tremolierendes Klangfeld. Signalartige Motive im Klavier forderten die Geigerin heraus, die sich im Laufe der Werkdeutung immer besser behaupten konnte und mit einer intensiven Tongebung musizierte. Eine besondere Farbe erhielt das Werk durch die Präparierung des Klavieres, so schepperte der Klang und erhielt teilweise sogar den Charakter eines Gongs.

Lyrisch erzählt


"Princess of Lykia" für zwei Gitarren, op. 26 mit Jennifer Forster und Jan Szlendak entfaltete eine lyrische Stimmung. Mit jeweils wechselnden Begleitfiguren kommunizierten die beiden Gitarristen in einem gleichberechtigten Geben und Nehmen. Auch dieses Werk zeichnete sich durch einen anschaulichen und wirkungsvollen Wechsel zwischen erzählend, liedhaften Passagen und energisch entwickelten perkussiven Abschnitten aus.

Spektakulär dargestellt


„Space Jump“ für Violine, Violoncello und Klavier, op. 46 mit Marie Saka an der Violine, Eri Tanei am Violoncello und Fazil Say am Klavier bot im wahrsten Sinn des Wortes ein musikalisches Kino im Kopf. Felix Baumgartners „Stratosphärensprung“ am 14. Oktober 2012 inspirierte Fazil Say zu dieser Komposition und er fasste darin unter anderem die Weite zwischen Himmel und Erde und das Kreisen in beeindruckende und gut nachvollziehbare musikalische Bilder. Lose aufeinander bezogene Fragmente loteten zuerst den Tonraum weiträumig aus, bevor Wechseltonmotive durch die Stimmen gereicht wurden und sich aus dem Klavierpart heraus Ballungen und Rhythmisierungen entwickelten. Kreisende Figurationen und Bewegungsimpulse sowie extrem gesteigerte Passagen im Klavier würfelten die Töne spektakulär durcheinander.

Kommunikative Runde


Eine Unterhaltung am Stammtisch beschrieb das  Bläserquintett „Alevi Dedeler raki masasinda“, op. 35. Unisono intonierten  Gökce Yalcin (Flöte), Alesia Varapayeva (Oboe), Hauke Kohlmorgen (Klarinette), Marcel Üstün (Horn) und Allen Smith (Fagott) das unterhaltsame Stück. Allmähich drifteten die einzelnen Stimmen auseinander und ließen immer wieder einheitliche Bögen entstehen, kantige Tonballungen schufen Zäsuren, ein lockerer Erzählfluss entwickelte sich mit Einwürfen, Wiederholungen und ruhigen Passagen. Bewundernswert gestalteten die fünf Musiker die anspruchsvollen motivischen und rhythmischen Überlagerungen.

In Feierlaune ging der Meisterkurs zu Ende, von dem die Studierenden sicher profitiert haben. Darüber hinaus porträtierte das ansprechende Konzert Fazil Say - von dem man hauptsächlich groß besetzte Orchesterwerke oder Klavierstücke zu hören bekommt - als Komponist auch der kleinen Formen.