Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 09. Jul 2011 · Musik

Meine Töne, deine Töne, unsere Töne oder wie viele Töne hat die Musik – „der magische klang und die schurken“ bot allerbeste musikalische Unterhaltung

Wenn die Schurken ein Konzert geben, hält es die Kinder nicht zu Hause und wir Erwachsenen begleiten sie gerne. Denn inzwischen ist bekannt, dass Stefan Dünser (Flügelhorn), Martin Schelling (Bassettklarinette), Goran Kovacevic (Akkordeon) und Martin Deuring (Kontrabass) Kinderkonzerte und Musiktheaterproduktionen auf die Bühne bringen, die ihresgleichen suchen. Im Rahmen von „crossculture“ bei den Bregenzer Festspielen stand die neuestes Produktion „der magische klang und die schurken“ auf dem Programm. Mit viel musikalischem Spielwitz und schauspielerisch hervorragend umgesetzt erlebten die Kleinen und die Großen, dass das gemeinsame Musizieren sogar Mauern zum Einstürzen bringt.

Die grundlegende Idee des Ensembles „Die Schurken“ besteht darin, seinem Publikum anhand einer Geschichte innere Zusammenhänge der Musik zu vermitteln. Dies geschieht nie mittels Wissensvermittlung, sondern indirekt über die intuitive musikalische Erfahrung beim Zuhören. Im aktuellen Musiktheater, das im Auftrag der Bregenzer Festspiele, der Grazer Spielstätten, der jeunesse sowie der Philharmonie Luxembourg entstanden ist, wird dies wieder wunderbar erlebbar. Tristan Schulze schrieb eine Musik, die den Persönlichkeiten der einzelnen Ensemblemitglieder auf den Leib geschrieben ist. Zugleich verarbeitete er Idiome und Allusionen aus der Musikgeschichte, die auf einer Metaebene wirken.

Herausragende Musiker UND Schauspieler

Die schauspielerischen Leistungen von Stefan Dünser, Goran Kovacevic, Martin Schelling und vor allem Martin Deuring waren überaus beeindruckend. Martin Deuring verkörperte den „verkopften“ Komponisten, der die Musik allein aus Zahlen und Konstrukten formen will, ausdrucksstark und humorvoll. Goran Kovacevic  wurde seiner Rolle als wenig rücksichtsvoller Gefängniskumpane mehr als gerecht. Er hatte eine himmlische Freude daran, cool zu wirken, seine Freunde zu erschrecken oder sich über sie lustig zu machen. Martin Schelling hingegen war der Schüchterne. Er kann sich nicht in die Gruppe einfügen, will immer etwas anderes und musiziert sowieso am liebsten unter der Bettdecke. Ihn stört es wenig, dass dort die Akustik ziemlich trocken ist. Stefan Dünser war der empfindsame. Die Musik spürt er von der kleinen Zehe bis in die Fingerspitzen. Beim Musikhören steigt Wärme in ihm auf und er wird von „wüsten“ Klängen regelrecht gebeutelt.

Mit Musik in die Freiheit

Die vier Gefängnisinsassen Al Arrabiata, Mozzarella, Romero Calzone und Diavolo wollen mithilfe ihrer Musik die Lautsprecherpräsidentin so sehr beeindrucken, dass sie ihnen die Freiheit wieder gewährt. Zuerst scheint das Unterfangen beinahe aussichtslos, denn es dauert eine ganze Weile, bis die vier zueinander finden und sich gegenseitig motivieren können. Im Laufe der Zeit und mit tatkräftiger Unterstützung des Publikums gelingt es schließlich, die Mauern einstürzen zu lassen und die Freiheit zu erlangen. Sogar ein Schurkenlied wurde gemeinsam gesungen. Das war eine großartige Idee, denn die Kinder erhielten damit ein akustisches Geschenk mit nach Hause.
Simon Windisch schuf ein bemerkenswert einfaches, aber sehr wirkungsvolles Bühnenbild, indem er die Schurken in einem Wald aus Notenständern agieren lässt. Die Notenständer fungierten zugleich als Gefängnismauer und Fenstergitter, bildeten zwischendurch Töne und Akkorde ab und dienten als „Tonfänger“. Das Libretto mit zahlreichen humorvollen Pointen schrieb Daniela Egger und als Produktionsassistentin fungierte Sarah Ludes.

Stiefkind der Festspiele

Unverständlich ist, dass diese Produktion während der Festspielzeit nicht mehr gezeigt wird. Und überdies ist im Rahmen der Bregenzer Festspiele keine andere Produktion denkbar, bei der man sich mit zusammen geklammerten Kopien anstelle eines Programmheftes begnügen muss. Bleibt zu hoffen, dass bald ein Veranstalter im Land das Potential dieses Musiktheaters erkennt und "Die Schurken" engagiert, damit noch viele Menschen Freude an dieser gelungenen Produktion haben.