"Die Sterne" im Spielboden Dornbirn: Frontmann Frank Spilker und Philipp Janzen an den Drums (Foto: Stefan Hauer)
Walter Gasperi · 10. Jul 2011 · Film

Aktuell in den Filmclubs (11.7. - 17.7. 2011)

Gérard Depardieu und die 97-jährige Gisèle Casadesus brillieren in Jean Beckers warmherzigem Feelgood-Movie „Das Labyrinth der Wörter“. Kontrastprogramm zu dieser Ode an das Lesen, die diese Woche vom Filmforum Bregenz gezeigt wird, bietet „127 Hours“, in dem Danny Boyle alle filmischen Mittel mobilisiert. Auf der großen Leinwand der Open-Airs von Vaduz und Lindau kann diese wahre Geschichte über einen in einer Felsspalte gefangenen Bergsteiger bei den Open-Air-Veranstaltungen zu einem suggestiven Kinotrip werden.

127 Hours: Mountainbiken, Klettern, die Canyons von Utah erkunden – das ist das Leben des 27-jährigen Aron Ralston. Freitag Mittag geht es los, raus aus der großen Stadt und rein in die Abgeschiedenheit der Halbwüsten. Mal trifft er zwei Wandererinnen, geht ein Stück des Weges mit ihnen und springt mit ihnen durch einen Canyon in einen versteckten Pool. Doch dann ist Aron auch schon wieder allein unterwegs, steigt hinein in die nächste Felsspalte, als sich plötzlich ein Gesteinsbrocken löst und seine Hand einklemmt. Kein Entkommen scheint es zu geben, Hilferufe hört in der Einöde niemand. Fünf Tage – oder exakt 127 Stunden – hängt er fest, bis Aron sich durchringt mit einem Taschenmesser den Arm abzutrennen und sich so zu befreien.
In der für ihn typischen Manier erzählt der für „Slumdog Millionär“ mit dem Oscar ausgezeichnete Danny Boyle diese Geschichte nach dem autobiographischen Roman von Aron Ralston. Alle filmischen Mittel von Splitscreen über Zeitraffer bis zu rasenden Zooms und spektakulären Kamerafahrten mobilisiert der Brite um zunächst Ralstons Lust an diesem befreiten Leben, später aber auch seine Beklemmung erfahrbar zu machen. Mit einem Sog an Bildern und Tönen, an Licht und Farben zieht Boyle den Zuschauer in den Film hinein. Nicht reflektierend soll man „127 Hours“ aufnehmen, sondern mitgerissen werden von der rauschhaften Inszenierung. - Ein Film wie ein Drogentrip.
Filmfest Vaduz auf dem Rathausplatz, Vaduz: Mi 13.7., 21.30 Uhr
Open-Air im Toskanapark, Lindau: Sa 16.7., Einlass: 20 Uhr


Das Labyrinth der Wörter: Langsam im Denken, kaum fähig zu lesen ist der Arbeiter Germain. Im Dorfpark lernt der schwergewichtige, auf die 60 zugehende Mann die über 90-jährige Akademikerin Margueritte – mit zwei „t“, wie sie nicht müde wird zu betonen – kennen. Über die Liebe zu den Tauben kommen sie ins Gespräch und bald beginnt sich Germain für die Lektüre der Greisin zu interessieren. So liest sie ihm aus Camus „Die Pest“ vor, bald auch aus weiteren Büchern und langsam beginnt sich Germain nicht nur fürs Lesen zu interessieren, sondern auch die Sprache und der Umgang des herzensguten, aber ungebildeten Mannes ändern sich langsam und werden zunehmend feiner.
Nicht realistisch, sondern als Märchen sollte man dieses Feelgood-Movie von Jean Becker nehmen, als großes Plädoyer für die Phantasiemaschine „Lesen“ ebenso wie als Aufforderung zu einem warmherzigeren Umgang miteinander. Da mag man kritisieren, dass Brüche negiert werden, dass alles allzu glatt abläuft, sich Probleme rasch auflösen und überhaupt der ganze Film ins warme Licht und die hellen Farben der idyllischen französischen Provinz getaucht ist. Weil aber Gérard Depardieu und die 97-jährige Gisèle Casadesus mit so viel Menschlichkeit und Liebe spielen, ihre Rollen förmlich leben, schaut man dieser bildungsbürgerlichen Entwicklungsgeschichte doch gerne zu und lässt sich von diesem kleinen, aber rundum sympathischen Film be- und verzaubern.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do, 14.7., 20 Uhr; Sa 16.7., 22 Uhr