"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Silvia Thurner · 16. Jul 2018 · Musik

Licht und Schatten am Tag und in der Nacht – Der Bariton Andrè Schuen und Daniel Heide am Klavier faszinierten bei der Schubertiade Hohenems

Der Bariton Andrè Schuen findet derzeit als Lied-, Oratorien- und Opernsänger international große Anerkennung. Sein enormes Stimmpotential sowie seine Wandlungsfähigkeit und sein samtenes Timbre entfaltete er im Rahmen eines Liederabends bei der Schubertiade Hohenems. Unter dem Leitgedanken „Reise nach Italien“ führte Andrè Schuen, am Klavier begleitet von Daniel Heide, die Zuhörenden mit Werken von Franz Schubert, Franz Liszt, Francesco Paolo Tosti sowie ladinischen Volksliedern in den Süden. Nicht nur Andrè Schuen als Liedinterpret faszinierte, sondern auch der Pianist Daniel Heide machte den Liederabend zu einem wahren Ereignis.

Einen weiten Bogen spannten die Musiker in den Schubertliedern „Auf der Bruck“, „Der Wanderer an den Mond“, „Nachtstück“ sowie „Die Sterne“. Mit rasendem Tempo ausgeformt erklang der Pferdegalopp im ersten Lied. Höhepunkte bildeten die innige Darbietung von Schuberts „Wanderers Nachtlied II“ sowie das Lied „Auf der Donau“, in dem die Interpreten den Liedtext beeindruckend nachzeichneten. Sogleich zog der wunderbar natürliche Deklamationsstil von Andrè Schuen die Aufmerksamkeit auf sich. Getrost konnten die Liedtexte beiseite gelegt werden, denn der Bariton sang überaus textdeutlich mit fein abschattierten Vokalen. Noch dazu war die zurückhaltende Gestik des Sängers eine Wohltat. Ganz bei sich und entspannt verlieh er jeder einzelnen Phrase Bedeutung und entfaltete deren Inhalt. Auf diese Weise kristallisierte sich genau jener musikalische Kosmos heraus, der die Liedinterpretation zu einem so unvergleichlichen Genre macht.

Zurück zum Ursprung

Daniel Heide füllte seinen Part mit beeindruckender Persönlichkeit aus und überhöhte mit seinem aufgeweckten Spiel die Aussagegehalte der Kompositionen. Im Zusammenwirken mit Andrè Schuen waren die feinsinnige Kommunikation und das gegenseitige Einverständnis spürbar. Diese Qualitäten belebten auch die ladinischen Volkslieder. Sie verwiesen auf die Herkunft des Sängers und bereicherten den Liederabend. Eindrücklich wirkten vor allem die Lieder „Ben danter mile steres“ und Alalt al ce“ des Zeitgenossen Felix Dapoz. Auch die Botschaft des Freiheitsliedes von Jepele Frontull kam an.

Emphatische Werkdeutungen

Die enorme Vielseitigkeit von Andrè Schuen zeigte sich im zweiten Programmteil mit den „Tre sonetti di Petrararca“ von Franz Liszt sowie den „Quattro canzoni d’Amaranta“ von Francesco Paolo Tosti. Zuerst modellierten der Sänger und der Pianist Liszts Kompositionen in einem intensiven Spannungsbogen. „Pace non trovo“ lebte vor allem durch die Reduktion und das Zurückführen des musikalischen Flusses in ein tiefsinniges Pianissimo. Voluminös formten die Interpreten die Stimmung in „Benedetto sia ’l giorno“ aus. Insbesondere die differenziert gestaltete chromatisch abfallende Geste blieb in Erinnerung. Aufhorchen ließ unter anderem der Klavierpart in „I’vidi in terra angelici“. Daniel Heide begeisterte mit straffen Phrasierungen, eingängigen Zwischenspielen und fein verklingenden Arpeggi im Nachspiel.

In Francesco Paolo Tostis Kantaten zelebrierten Andrè Schuen und Daniel Heide den spätromantischen Schmelz mit all seiner Dramatik heraus. Zuerst breitete sich die beklemmende Stimmung des verzweifelt Sterbenden aus, führte aber schließlich im zweiten Lied in eine befreiende Atmosphäre. Die abschließende „L’ultima Canzone“ - ebenfalls von Francesco Tosti - entließ das jubelnde Publikum mit einem leidenschaftlich bewegten, neapolitanischen Lied.