Ethan Coen hat seinen ersten Spielfilm als Soloregisseur gedreht: „Drive-Away Dolls“. (Foto: Focus Features)
Anita Grüneis · 21. Feb 2019 · Musik

Klezmer for peace im TAK: Giora Feidman und die Weltmusik

Musiker kommen auf die Bühne, es wird dunkel im Saal, das Publikum verstummt. Plötzlich ein leiser Ton, dann noch einer und noch einer. Sie klingen, als kämen sie von ganz weit her, einem anderen Jahrhundert vielleicht, oder sogar Jahrtausend. Sind sie überhaupt von dieser Erde? Da taucht inmitten der Klänge ein Mann mit einer Klarinette auf, geht Stufe für Stufe die Zuschauerreihen entlang, spielt dabei weiter, die Töne sind noch immer behutsam, als wollten sie niemandem zu nahekommen, und doch zielen sie direkt ins Herz. Musik aus tiefster Seele, geschaffen von Giora Feidman. Zum Weinen schön.

So begann das Konzert „Klezmer for peace“ im Schaaner TAK. Giora Feidman verneigte sich vor dem Publikum, stieg auf die Bühne und warf nach einem donnernden Applaus jedem und jeder im Saal eine Kusshand zu, um dann zu bemerken: „Wenn ich da hinunterschaue, dann sehe ich mischpoche“. Und so wurde der Abend denn auch eine Angelegenheit unter Freunden, Familie und Vertrauten. Der inzwischen 83-jährige Giora Feidman hat sein Publikum mit seiner Musik immer umarmt. Diesmal hat er sich Musiker mitgenommen, „drei jüdische und drei muslimische“, wie er bemerkte, die genau das Gleiche können und die gleiche Botschaft haben: „There ist only one language: music“. Und so wurde der Abend denn auch eine Serenade voller Weltmusik mit dem Altmeister im Zentrum. 

Klezmer und orientalische Musik 

Die träumerische Klezmer-Melancholie kam ebenso vor wie die temperamentvolle orientalische Tanzmusik. Dabei bewies der türkischstämmige deutsche Musiker und Musikethnologe Murat Coskun einmal mehr, dass er zu den renommiertesten Rahmentrommlern zählt. Er ist ein wahrer Vermittler zwischen den musikalischen Welten des Orients und Okzidents. Seine eigenen Kompositionen waren feingesponnene Klanggemälde, bei denen die Rahmentrommel zum interessanten Soloinstrument wurde. Ebenso virtuos war sein Landsmann Gürkan Balkan an der Gitarre und am Oud wie auch Muhittin Kemal Temel mit seiner Kanun, der türkischen Zither. Die zwei Israelis neben Giora Feidman waren seine Enkeltochter Hila Ofek an der Harfe und ihr Gatte Andre Tsirlin am Saxophon. Die beiden Musiker lernten sich an der Highschool kennen, studierten an der Jerusalem Academy of Music und waren während ihres Militärdienstes gemeinsam als Musikanten der Armee im Einsatz. Hila wurde in Tel Aviv geboren, André in Irkutsk, doch „seit wir leben, wissen wir, wo unser Zuhause ist“, sagte er in einem Interview. Es ist die Musik, wie deutlich zu hören war.  

Musik zum Singen und Tanzen

Die sechs Vollblutmusiker mit ihren unterschiedlichen Instrumenten und Temperamenten machten das Konzert zu einer Jam Session, die besinnlich und begeisternd war, zum Mitsingen mitriss und zu Tränen rührte. Giora Feidmann und André Tsirlin befeuerten sich gegenseitig mit Klarinette und Saxophon, und Hila Ofek entlockte ihrer Harfe an Flamenco erinnernde Harmonien. Mit kurzen Soli schienen sich die Musiker gegenseitig zur Diskussion aufzufordern, um dann am Schluss doch ein gemeinsames Statement zu finden. Die beschworene „Deepness of the Soul“ wurde immer wieder deutlich, auch bei der von Feidman intonierten feingesponnenen Liebeserklärung an Louis Armstrong mit „What a Wonderful World“. Das Spiritual „Nobody knows the trouble I've seen” wurde voller Sensibilität intoniert, bevor dann der jiddischen Klassiker „Dana Dana“ aus dem Musical „Esterke“ die Bühne und den Zuschauerraum eroberte. Alle sangen mit. Singenderweise wurde das Konzert auch beendet und damit für den Nachhause-Weg noch einmal die Gemeinschaft der Mischpoche beschworen. Giora Feidman hat recht: „Die Welt könnte so einfach sein.“