Ethan Coen hat seinen ersten Spielfilm als Soloregisseur gedreht: „Drive-Away Dolls“. (Foto: Focus Features)
Silvia Thurner · 19. Sep 2021 · Musik

Klängen skulpturale Gestalten verliehen – Thomas Gorbach präsentierte im Feldkircher Saumarkt akusmatische Musik

Das Schallwende-Festival wartete beim Eröffnungskonzert mit einem besonderen Projekt auf. Thomas Gorbach war mit einem Lautsprecherensemble zu erleben und präsentierte sogenannte „akusmatische Musik“. Zusammen mit Enrique Tomàs und Angela Lau an den Reglern improvisierten die Musikerin und die Musiker auf digitalen Musikinstrumenten. Nach der elektronischen bzw. elektroakustischen Sounderlebnissen aus den Lautsprechern tat es gut, live agierende Musiker auf der Bühne zu beobachten, die die skulpturale Musik auf ihren speziell entworfenen Instrumenten spielten.

Zahlreiche Lautsprecher waren im Feldkircher Saumarkttheater sowohl auf der Bühne als auch im Zuschauerraum postiert, um den gesamten Raum zu bespielen. Der aus Thüringerberg stammende Thomas Gorbach lebt seit Jahren in Wien und hat sich auf die sogenannte akusmatische Musik spezialisiert. Mit dem von ihm initiierten „The Acousmatic Project“ findet er international Anerkennung. Wolfgang Lindner und Dietmar Kirchner boten dem Komponisten und zahlreichen Lautsprechern im Rahmen des Schallwende-Festivals ein Podium. Hierzulande ist diese Art der elektronischen Musik eher unbekannt. Dies ließ sich auch an der Anzahl der wenigen Konzertbesucher:innen ablesen, die sich im Saumarkttheater eingefunden haben. Im Vorfeld gestaltete Thomas Gorbach mit Schüler:innen des Musikgymnasiums einen Workshop, bei dem die Jugendlichen digitale Musikinstrumente entdecken und mit deren Klangmöglichkeiten spielen konnten.
Das Konzert am Eröffnungsabend des zweitätigen Schallwende-Festivals leitete Thomas Gorbach mit der Komposition „Viola Sylvestris“ ein, eine Soundcollage, die im Auftrag des Nationalparks Gesäuse und des Benediktinerstifts Admont entstanden ist. Erlebbar wurden dabei die Möglichkeiten der akusmatischen Musik, in der Geräusche und Laute aus der Umwelt und der Natur musikalisch-ästhetische Qualitäten annahmen. Die Rahmenhandlung des Werkes evozierte eine Wanderung von der Natur ausgehend in die akustische Umgebungswelt einer Stadt und wieder zurück. Abstrakter und somit musikalisch auch reizvoller wirkte das Stück „Flash Rust“, ebenfalls von Thomas Gorbach. Die Tonqualitäten, ausgehend von eng wirkenden sinusförmigen Klängen bis hin zum weißen Rauschen bestimmten in dynamischen Prozessverläufen den musikalischen Fluss.
Von Saiten im Korpus eines liegenden Pianinos ging Gorbachs Werk „Four Variations with Ribbed Sounds“ aus, das Angela Lau an den Reglern des Mischpults präsentierte. Unterschiedliche klangliche Profile und ein ausgeprägter Klangvorder- und -hintergrund waren gut nachvollziehbar. So erhielten die Klänge durch unterschiedliche Texturen individuelle Körperlichkeiten und boten spannende Hörerlebnisse.
„Créatures Composites“ von Caroline Profanter lenkte die Aufmerksamkeit unter anderem auf die Transformation von Klangqualitäten und Beschleunigungsprozesse. Wie szenisch aufbereitete Naturbilder wirkten in Elsa Justels Werk „Cercles et Surfaces“ die musikalischen Gestalten. Die Samples waren feingliedrig verarbeitet, sie bewegten sich jedoch sehr nahe an den naturalistischen Aufnahmen.

Neue Instrumente erfinden

Im Rahmen eines Forschungsprojekts haben Thomas Gorbach und Enrique Tomàs digitale Musikinstrumente entwickelt. Zwei davon, das „Noisy Rotation Instrument“ und das „Bending Instrument“, eine Art elektrifizierte singende Säge, spielten die Erfinder und gaben damit einen Eindruck in die unterschiedlichen Klangmöglichkeiten.
Auf dem „Bending Instrument“ fabrizierte Enrique Tomàs glissandierende Klänge. Aufhorchen ließen die perkussiven Floskeln, die mit dem Tippen auf das Metall erklangen. Das „Noisy Rotation Instrument“, von Thomas Gorbach gespielt, lieferte dazu ein eher flächiges Klanggewebe. Erfrischend wirkte die Performance auch deswegen, weil damit die Erfahrung verbunden war, dass spielende Musiker auf der Bühne für den Höreindruck ziemlich wichtig sind. In welchem Grad in den vorgestellten Instrumenten tatsächlich neuartige musikalische Möglichkeiten stecken, erschloss sich beim ersten Höreindruck (noch) wenig.