Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Füssl · 11. Sep 2011 · Musik

Kämpferische Texte zu tanzbaren Beats – Saison-Auftakt mit Iness Mezel am Dornbirner Spielboden

„Beyond The Trance“ heißt das neue Album der algerisch-stämmigen Französin Iness Mezel, die beim Saison-Auftakt am Dornbirner Spielboden mit ihren rocklastigen Berber-Beats selbst eingeschworene Bewegungsmuffel zum Mitshaken brachte. Dabei verpackt die ausdrucksstarke Sängerin durchaus auch politische Statements und kämpferisches Selbstbewusstsein in ihre Texte.

Algerisch-französischer Background

Mütterlicherseits hat Fathia Messaoudi aka Iness Mezel französisch-italienische Vorfahren, ihr Vater ist ein aus Algerien stammender Berber aus dem Volk der Kabylen, aufgewachsen ist sie größtenteils in Pariser Arbeitervierteln und in der französischen Provinz, ein paar Jahre ihrer Kindheit verbrachte sie in den algerischen Bergen. Die Einflüsse der nordafrikanischen Musik hinterließen ebenso tiefe Spuren in ihrem musikalischen Bewusstsein wie Pop, Rock, Soul und Jazz. Seit ihrem Debutalbum 1999 ist „Beyond The Trance“ erst die dritte Platte, die Iness Mezel vorlegt, denn sie will nur etwas veröffentlichen, wenn es auch wirklich Neues zu sagen gibt oder ein neuer Entwicklungsschritt zu dokumentieren ist.

Justin Adams’ musikalischer Stempel

Jener Mann, der für ihre aktuelle musikalische Weiterentwicklung maßgeblich verantwortlich ist, stand am Spielboden als Gitarrist auf der Bühne – Produzent Justin Adams, der ja auch schon drei sehr erfolgreiche Tinariwen-Alben produziert hat und somit über ein enormes Maß an einschlägiger Erfahrung in diesem Genre verfügt. Er blühte so richtig auf, wenn die Gangart etwas härter wurde, kein Wunder, spielt er doch üblicherweise in der Band von Ex-„Led Zeppelin“-Sänger Robert Plant, der gelegentlich gerne mal rauen Bluesrock mit orientalischen Tönen kombiniert. Bassist Billy Fuller und Drummer Dave Smith sind alte bekannte von Adams, die mit ihm gemeinsam in der Afro-Rock-Jazz-orientierten Trance-Band „Juju“ musizieren. Die drei Briten erwiesen sich rasch als eingespieltes Team, das durch die sichere, aber etwas brav wirkende Perkussionistin und Koproduzentin Nora Abdoun-Boyer, ebenfalls berberischer Abstammung und eine Langzeitweggefährtin von Iness Mezel, komplettiert wurde.

Vielfältige Sounds und abwechslungsreiche Arrangements

Alle Songs wurden von Iness Mezel geschrieben, für die unterschiedlichen Sounds und abwechslungsreichen Arrangements war wohl Justin Adams zuständig. So intonierte Mezel den ersten Song a-cappella im völlig dunklen Saal, einmal begleiteten alle Akteure einen Song ausschließlich auf Perkussionsinstrumenten, oder ein Lied wurde im kammermusikalisch angehauchten Trio auf Akustikgitarre und Violine begleitet. Wobei die Band aber mehr zu überzeugen wusste, wenn es etwas deftiger zur Sache ging. Das passt wohl auch besser zu den Texten, die sich gegen gesellschaftliche Repressalien im Allgemeinen und gegen die Unterdrückung der Frauen im Besonderen richten. Iness Mezel fordert bessere Bildungsmöglichkeiten für die unterdrückten Menschen und widmet jenen Journalisten einen Song, die trotz aller Repressalien unter Todesgefahr kritisch und wahrheitsgemäß berichten. Ein bisschen klingt es wie der Soundtrack zu den revolutionären Vorgängen im arabischen Raum, Iness Mezell prangert aber auch die französische Gesellschaft an, die Abkömmlinge von Einwanderern noch in der dritten Generation wie Ausländer behandelt. Dabei wirkt sie aber nie moralinsauer und verbittert, sondern kraftstrotzend, selbstbewusst und lebensfroh. Und man glaubt’s der studierten Juristin mit der ausdrucksstarken Stimme auf’s Wort, wenn sie sagt: „Die kabylischen Frauen sind stark, stolz und unabhängig.“ Dario Fo meinte mal, dass über das Lachen Nägel der Vernunft in die Köpfe der Menschen eintreten können. Vielleicht funktioniert’s ja auch über die tanzenden Füße und offenen Ohren der Menschen.