Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 11. Sep 2011 · Musik

Der Tanz zwischen Bigband und Jazzorchester – das Jazzorchester Vorarlberg feierte sein fünfjähriges Bestehen gebührend

Fünf Jahre „Jazzorchester Vorarlberg“ war für die Bandmitglieder und für zahlreiche Fans ein Grund zum Feiern. Am Samstagabend eröffneten die vierzehn engagierten Musiker die Jazz& Reihe am Dornbirner Spielboden. Musikalische Wegmarken wurden zu einem abwechslungsreichen Programm zusammengestellt. Die Bandmitglieder haben in den vergangenen Jahren viel Neues erfahren. Dass ihr musikantisches Selbstbewusstsein gestärkt wurde, war von Beginn an spür- und hörbar.

Martin Franz und Martin Eberle sind die Gründer und kreativen Köpfe des JOV. Im Laufe der vergangenen fünf Jahre haben sie Kontakte zu unterschiedlichen Komponisten aus der Jazz- und Improvisationsszene sowie Musikerfreunden geknüpft, angefangen von Peter Madsen und Peter Herbert, über Matthias Wenger, Johannes Berauer und Andreas Schreiber bis zu Phil Yaeger und Daniel Riegler arbeitete das JOV mit Komponisten zusammen. Die unterschiedlichen Inputs, die sie dadurch erhalten haben, waren auch beim Jubiläumskonzert zu erleben. Am meisten beeindruckte die Vielseitigkeit der Musiker und die Selbstverständlichkeit, mit der sie einerseits an unterhaltende Bigbandsounds heran gingen und sich andererseits anspruchsvollen Klangskulpturen zuwendeten.

Bandleader, Arrangeur und Komponist Matthias Wenger

Das Jubiläumskonzert stand unter dem Leitgedanke „Past – Present – Future“. In guter Stimmung wurden zuerst drei Stücke von Matthias Wenger gespielt, den die JOV-Musiker bereits vor einigen Jahren ins Boot geholt haben. Leicht zugänglich war seine Musik, geprägt von modalen Tonfigurationen und wirkungsvollen Bläsersätzen. Laut, aber teilweise zu wenig in der Dynamik ausdifferenziert spielten die Musiker (Martin Franz, Erich Berthold, Jürgen Haider, Klaus Peter (reeds); Dave Blaser, Martin Eberle, Herbert Walser-Breuß (trumpets); Christoph Ellensohn, frenchhorn; Philip Yaeger, Thomas Gertner, Jan Ströhle (trombones); Benny Omerzell (piano); Stephan Reinthaler (bass); Christian Eberle (drums) das Stück „Richtung Osten“. Die poetische Erzählstruktur und die verspielte Linie im Trompetensolo, sowie der Klangfarbenwechsel von den Saxophonen zu Flöten und Klarinette lenkten die Aufmerksamkeit in „Jekyll & Hide“ auf sich. Besonders in Erinnerung blieben die musikalischen Transformationen mit Synthesizer und der Übergang zum Ausgangsthema. Scharf artikuliert und so schrill in den Trompeten, wie es dem Titel entspricht, erklang „Raunchy 4th“.

Fanfare von Daniel Riegler

Anschließend wendete sich das JOV dem Komponisten Daniel Riegler zu, der anlässlich des Jubiläums das Werk „Fanfare III“ schrieb. Die Interpretation dieser Komposition stellte den musikalischen Höhepunkt des Abends dar.  Riegler jonglierte hervorragend mit den musikalischen Mitteln der zeitgenössischen Musik und setzte sie in Beziehung zum Genre der Big Band-Besetzung. Speziell mit diesem Werk stellte das JOV seine Vielseitigkeit und seine stilistische Offenheit eindrücklich unter Beweis und öffnete den Klangraum in Richtung avancierte Jazzorchesterliteratur.

„Fanfare III“ ging von einem Ausgangsklang aus, der allmählich reduziert wurde bis sich der Klangfluss in Luftgeräuschen und atmenden Rhythmen auflöste. Die Aufmerksamkeit wurde dabei auf kleine rhythmische und klangfarbliche Veränderungen sowie kurze melodische Phrasen gelegt. Signalartige Floskeln lieferten Hinweise auf den Titel des Werkes. Etwas zu langatmig formte sich aus den Fragmenten wieder ein harmonisch melodisches Gebilde. Zum Schluss hin entwickelte sich ein mitreißender motorischer Drive, musikalische Patterns wurden rhythmisch raffiniert ineinander verzahnt und mit großer Konzentration in den Raum gestellt.

Musikerfreund und Selbstdarsteller Phil Yaeger

Kompositionen von Phil Yaeger standen im zweiten Set auf dem Programm. Das Auftragswerk „The shape we’re in“ illustrierte den balladenhaften Grundton, der vielen Werken des amerikanisch-österreichischen Komponisten und Musikers zugrunde liegt. Einige Kompositionen waren zugeschnitten auf die Sängerin Aja, die seit gut einem Jahr erfolgreich beim Jazzorchester Vorarlberg mitwirkt, selbstverständlich hatte sie auch einen Auftritt im Rahmen des ‚Geburtstagskonzertes’. Beeindruckend wirkte der musikalische Wettstreit, den Aja in „Tidal“ mit dem Trompeter Martin Eberle einging. Virtuos und humorvoll konfrontierten sie einander mit musikalisch witzigen Ideen.

Auf ein bosnisches Volkslied ging das Stück „Kvaj Potoka Bistre Vode“ zurück, das durch die gerade Linienführung eine Sogwirkung verströmte. Allerdings spielte das Orchester teilweise derart dominant, dass die Sängerin keinen musikalischen Spielraum mehr auszuschöpfen hatte. Poesievoll gestalteten Aja und Herbert Walser am Horn im Solopart ihre musikalische Zwiesprache.

Mit Phil Yaeger, der sich überschwenglich in Szene setzte, schwelgte das JOV quasi in einer musikalischen Showtime. Das JOV bereichert die musikalische Landschaft in Vorarlberg maßgeblich, seit seiner Gründung wurden dreizehn Projekte realisiert und fünfundzwanzig Konzerte gespielt. Zum Geburtstag wünsche ich den engagierten Musikern weitere kreative Begegnungen mit außergewöhnlichen Persönlichkeiten.