Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 19. Nov 2022 · Musik

International renommierte Musiker:innen in einer etwas unterkühlten Atmosphäre – Isabelle Faust, Philippe Herreweghe und das Orchestre des Champs-Élysées machten Station in Bregenz

Die Bregenzer Meisterkonzerte finden auch während der Umbauten im Bregenzer Festspielhaus statt, denn die Werkstattbühne stellt ein hervorragendes „Ausweichquartier“ dar. Dort musizierten das international viel beachtete Orchestre des Champs-Élysées unter der Leitung Philippe Herreweghe und die deutsche Violinistin Isabelle Faust zwei Konzerteinheiten. Die Atmosphäre in den schütter besetzten Reihen beim Spätabendtermin wirkten zuerst befremdlich. Doch der obertonreiche Klang der Orchestermusiker:innen, die auf historischem Instrumentarium spielten, und die authentische Spielart der Solistin machten die äußeren Umstände vergessen.

Isabelle Faust trat bescheiden auf und erfüllte ihren Solopart in Antonin Dvoraks Violinkonzert in a-Moll, op. 53 vom ersten Ton an mit Leben. Dass die Musikerin dem Werk und seiner Deutung diente, war ebenso erfahrbar wie der individuelle Zugang und das breite musikalische Verständnis der Musikerin für dieses Werk. Mit atemberaubender Spieltechnik sowie vielgestaltigen Tonqualitäten strukturierte Isabelle Faust die virtuosen Passagen in gut nachvollziehbare Sinneinheiten und verlieh damit dem Solopart eine transparente Ausstrahlung. In den Ecksätzen kam insbesondere der Esprit der slawischen Themen zur Geltung. Den langsamen Mittelteil zelebrierte die Solistin mit einer intuitiv sinnlichen Aussagekraft. Dabei entfalteten in den weit gespannten Kantilenen vor allem die tieferen Register der charaktervollen „Dornröschen“-Stradivari einen warmen und voluminösen Klang.
Mit viel Bedacht auf die Solistin agierten die Orchestermusiker:innen. So ließen oftmals kleine Einsprengsel aufhorchen, weil schöne Dialoge oder Echowirkungen mit viel Augenmerk auf die musikalischen Wirkzusammenhänge ausgedeutet erklangen. In einem feinsinnigen Austausch mit dem Dirigenten Philippe Herreweghe legten die Solistin und das Orchester auch ein besonderes Augenmerk auf musikalische Übergänge.
Der helle und obertonreiche Orchesterklang des „Orchestre des Champs-Élysées“ zeichnete auch die Deutung der „Tragischen Ouvertüre“, op. 81 von Johannes Brahms aus. Zu Beginn irritierte der interpretatorische Zugang, denn das Orchester agierte wie ein etwas unruhig gestaltender Organismus. Mitunter erklangen Einsätze nicht ganz präzise, doch schlussendlich störte dies das Hörerlebnis wenig. Vielmehr zogen die lebendige Spielart und der präsent wirkende Gesamtklang die Zuhörenden in den Bann.
Phillipe Herreweghe leitete die Orchestermusiker:innen in der für ihn typischen Dirigierhaltung. Immer dann, wenn der Tuttiklang zu einer inneren Ausgeglichenheit fand, entfaltete sich die mehrdeutige Melancholie dieses Werkes.
Begeistert applaudierten die Konzertbesucher:innen. Etwas ernüchternd war die Reaktion der Orchestermusiker:innen, denn sie zeigten in diesem Moment überdeutlich, dass sie auf Tournee sind und nun ihren Dienst erledigt haben.

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