Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Silvia Thurner · 04. Jul 2019 · Musik

Getragen von einem geistreichen Gestaltungswillen – Das Solistinnen- und Solistenkonzert des Landeskonservatoriums war ein Fest

Starke Musikerpersönlichkeiten aus dem Vorarlberger Landeskonservatorium bescherten dem Publikum im Montforthaus Feldkirch ein inspirierendes Konzerterlebnis. Zum Abschluss des Studienjahres musizierten Mayya Melnichenko (Klavier) Johanna Bilgeri (Fagott), Francesca Temporin (Violine), Michael Gundolf Loß (Klavier), Kilian Erhart (Violoncello) und Ayleen Weber (Saxophon) mit dem Symphonieorchester des Landeskonservatoriums unter der Leitung von Benjamin Lack. Einige Darbietungen versetzten die Zuhörenden in Staunen und illustrierten, welch hohes Niveau die jungen Musikerinnen und Musiker haben. Eine gelungene Uraufführung des neuesten Werks des Komponisten Raphael Lins rundete das erfrischende Konzertereignis ab.

Eine Meisterleistung vollbrachte das Symphonieorchester des Landeskonservatorium unter der Leitung von Benjamin Lack. Die in den vergangenen Jahren aufgebaute Orchesterausbildung mit dem Orchester des „künstlerischen Basisstudiums“ bewährt sich, denn der Gesamtklang des Orchesters wirkte hervorragend austariert und in sich stimmig. Die Orchesterparts der einzelnen Solistenkonzerte, die den Bogen von Mozart über Weber, Saint-Saens, Brahms, sowie Bruch bis hin zu Fernande Decruck spannten, stellten enorme Ansprüche an die Musikerinnen und Musiker. Das Bemühen, die Solistinnen und Solisten bestmöglich zu tragen und den musikalischen Gehalt zu unterstreichen, war in sämtlichen Werkdeutungen nachvollziehbar.

Spannungszustände und rhythmische Entladung

Zuerst erklang Franz von Suppés Ouvertüre zu „Dichter und Bauer“, die die Musikerinnen und Musiker mit beschwingter Leichtigkeit und schönen Phrasierungsbögen ausformte. Mit viel Esprit und Können brachten das Orchester und Benjamin Lack zudem die neueste Komposition von Raphael Lins zur Uraufführung. Das Orchesterwerk ist im Rahmen des Kompositionsstudiums bei Herbert Willi entstanden und zeigte das große Potenzial des 22-Jährigen eindrücklich auf. Erst im vergangenen Jahr hat der nun in Wien lebende Musiker und Komponist mit seinem Vibraphonkonzert viel Anerkennung gefunden. „Präteritum“ ist in zwei Teilen angelegt. Im ersten Abschnitt wurden farbenreich instrumentierte Klangkonstellationen in vielgestaltigen Spannungsverhältnissen ausgelotet und zueinander in Beziehung gesetzt. Die Energie entlud sich im zweiten Abschnitt impulsiv und mit kraftvoll, in differenzierten Schichten aufgebauten Rhythmen. Mit begeistertem Applaus goutierte das Publikum das neue Werk von Raphael Lins.

Nicht nur in der Vergangenheit schwelgen

Jörg Maria Ortwein meinte bei der Begrüßung fast entschuldigend, die Uraufführung eines neu entstandenen Werkes am Schluss des Konzertabends sei „frech“. Dies ist es keineswegs, sondern viel mehr ein Zeichen dafür, dass das Landeskonservatorium endlich auch in der Gegenwart angelangt ist. Zum zweiten Mal - nach Marcus Nigschs Fagottkonzert - wurde bei einem Abschlusskonzert ein neues Werk uraufgeführt. Es wird also nicht nur Tradiertes „konserviert“, sondern die Aufmerksamkeit auch auf die uns umgebende Gegenwart gelenkt.

Junge Solistinnen mit großer musikalischer Darstellungskraft

Auf bewundernswert hohem Niveau musizierten die Solistinnen und Solisten des Abends. Johanna Bilgeri spielte die ersten beiden Sätze aus dem Konzert für Fagott und Orchester, op. 75 von Carl Maria von Weber. Mit einer faszinierenden Technik und Musikalität belebte sie jeden einzelnen Ton von innen heraus. Die thematischen Linien modellierte sie im resoluten Eröffnungssatz transparent und im pastoralen Adagio als berührendes, mit dem Fagott gesungenes Lied.
In einer guten Balance zwischen Temperament, Virtuosität und Klangsinn entfaltete die Geigerin Francesca Temporin die Habanera in Camille Saint-Saens berühmtem Werk „Havanaise“, op. 83.
Ayleen Weber interpretierte drei Sätze aus der berühmten Sonate für Saxophon und Orchester der französischen Komponistin Fernande Decruck. Sie entfaltete die girlandenartigen melodischen Linien feinsinnig und führte die Zuhörenden mitten hinein in impressionistische Klangwelten. Kraftvoll stellte Michael Gundolf Loß den dritten Satz aus dem zweiten Klavierkonzert von Johannes Brahms in den Raum, indem er die Gewichtungen der Themen mit einem romantischen Gestus betonte.
Eher lyrisch, mit perlendem Anschlag, legte Mayya Melnichenko den Eröffnungssatz von W.A. Mozarts Klavierkonzert KV 467 an. Das berühmte „Kol Nidrei“ von Max Bruch gestaltete der Cellist Kilian Erhart sensibel, in dem er den verinnerlichten Gestus des „Gebets“ heraus kristallisierte.

Alle Werkdeutungen wirkten in sich stimmig und waren von einem großen musikalischen Gestaltungswillen getragen. Herzlich und begeistert reagierte das Publikum auf die charaktervollen Darbietungen.