Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 06. Okt 2022 · Musik

Gesellschafts- und Freundschaftslieder von Schubert begeisterten bei der Schubertiade Hohenems die Zuhörenden

Einen unterhaltsamen Konzertabend mit mehrstimmigen Gesängen und Liedern von Franz Schubert gestaltete ein Vokalquartett mit Patrick Grahl und Jan Petryka (Tenor) sowie Ludwig Mittelhammer (Bariton) und Christian Immler (Bass-Bariton) bei der Schubertiade Hohenems. Bescheiden, aber stets sehr präsent wurden die Sänger am Klavier von Wolfram Rieger begleitet. Neben den Quartettwerken stellte sich jeder Sänger auch mit zwei Sololiedern vor. Dies lockerte das Programm auf und bot die Gelegenheit, die individuellen Ausdrucksqualitäten der Künstler zu erleben.

Die Timbres der vier Sänger ergaben einen voluminösen und gleichzeitig flexiblen Gesamtklang, der hervorragend ausbalanciert wurde. Überdies verliehen die unterschiedlichen Charaktere der vier Sänger mit dem temperamentvollen Jan Petryka, dem eher zurückhaltend wirkenden Patrick Grahl, dem selbstsicher auftretenden Ludwig Mittelhammer und dem sinnlichen Christian Immler viel musikalische und interpretatorische Abwechslung.

Vokalquartette waren zu Schuberts Zeiten sehr beliebt und es gab sie in vielerlei inhaltlichen Schattierungen: von frivol frohen Wirthausliedern, ironisch fröhlichen Milieu- Gesellschaftsliedern über romantisch verklärte Gesänge bis hin zu beschreibenden Kompositionen, die mit musikalischen Allegorien gespickt sind. Von all diesen Genres war an diesem bunten Abend im Markus-Sittikus-Saal etwas dabei.

Aufhorchen ließen die Trinklieder (D 75) und (D 148), zwei sehr frühe Lieder, die Schubert als 16- bzw. 18-Jähriger komponiert hat. Die kompositorischen Linienführungen wirkten zwar noch wenig der Textdeklamation folgend, doch der zugrundeliegende Humor war gut nachvollziehbar und diese Eigenschaft kristallisierte das Vokalquartett hervorragend heraus. Die gute Balance von Patrick Grahl, Jan Petryka, Ludwig Mittelhammer und Christian Immler kam auch den Stimmungsliedern, die das Wasser und die Natur in schönen musikalischen Allegorien darstellten, wie beispielweise Die Nachtigall (D 724), Gondelfahrer (D 809) und Das Dörfchen (D 598) zugute. Nicht alle Lieder und Gesänge wirkten in der Werkabfolge gut platziert, denn teilweise ergaben sich unnötig krasse Brüche.

Mit jeweils zwei Sololiedern stellten sich die Sänger einzeln vor. Der Bariton Ludwig Mittelhammer entfaltete im Zusammenwirken mit Wolfram Rieger die Lieder An den Mond (D193) sowie Sehnsucht (D 636) mit einem kraftvollen und warmen Timbre. Er formte den Vokalpart aussagekräftig aus, mitunter wirkte der Duktus jedoch etwas unruhig. Patrik Grahl trat mit Ganymed (D 544) sowie Auf dem See (D 543) vor das Publikum. Textdeutlich in der Gestaltung, mit etwas wenig emotionaler Wärme, formte er die Kompositionen aus. Die beiden Balladen Fahrt zum Hades (D 526) und Der entsühnte Orest (D 699) bot der Bass-Bariton Christian Immler dar. Den sehnsuchtsvollen Ausdrucksgehalt der ersten formte er mit ziemlich viel Vibrato, in der zweiten ließen die großräumigen Phrasierungen aufhorchen. Die temperamentvolle Ausstrahlung von Jan Petryka kam im Musensohn (D 764) gut zur Geltung, allerdings erklangen die Intervalle in raschem Tempo nicht immer ganz intonationssicher. Einen Höhepunkt des Abends stellte Jan Petrykas Deutung des berühmten Liedes Nacht und Träume (D 827) dar.

Die schwebende Zeitgestaltung dieses Liedes zelebrierte Wolfram Rieger am Klavier mit großer Gelassenheit. Auch alle anderen Werke interpretierte der Pianist mit viel Gespür für begleitende Passagen, psychologisierend deutende Phrasen und illustrativen Klangbildern.