Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 24. Jun 2018 · Musik

Geige und Flöte in Konkurrenz und als Ergänzung zueinander – Spannendes Konzert mit den „Two Whiskas“ in der Bludenzer Remise

Eine seltene Gelegenheit Musik unserer Zeit zu hören, bot die MusikMeile des Vereins allerArt in der Bludenzer Remise. Das Duo mit dem klingenden Namen „Two Whiskas“ musizierte unter dem Leitgedanken „the rest is noise“ auch das „Capriccio per Goldner“ von Wolfram Schurig. Die ungewöhnliche Besetzung für Violine und Blockflöte bot vor allem mit unterschiedlichen Klangregistern eine ungeahnte und faszinierende Klangvielfalt. Ivana Pristasova an den Streichinstrumenten sowie Caroline Mayrhofer an den Blockflöten spielten souverän und führten die Zuhörenden mit Werken von Agostino di Scipio, Timothy McCormack, Thomas Wally, Hannes Kerschaumer und Wolfram Schurig in ganz unterschiedliche musikalische Ausdruckswelten - die meisten begeisterten, ein Stück zog den letzten Nerv.

Seit drei Jahren musizieren Ivana Pristasova und Caroline Mayrhofer im Duo „Two Whiskas“ zusammen. Weil sehr wenig Literatur für diese ungewöhnliche Besetzung bereit liegt, erweitern sie mittels Kompositionsaufträgen ihr Repertoire. Eine langjährige Freundschaft pflegen beide Musikerinnen mit dem Komponisten und Blockflötisten Wolfram Schurig. Dieser schrieb Ivana Pristasova und Caroline Mayrhofer mit dem „Capriccio per Goldner“ ein Werk auf den Leib, das es in sich hat. Inspirationsquelle für das anregende Duett bildeten die artifiziellen Zeichnungen von Egon Goldner. Diese wirken durch ihre Feingliedrigkeit wie Partituren und implizieren damit auch eine Zeitlichkeit, die enge Verbindungslinien zur Musik aufzeigen lässt.

Fantasievolle Analogie

Die beiden Instrumentalfarben der Violine und der Tenorblockflöte setzte Wolfram Schurig spannungsgeladen ein. Während die Violine eine fein ziselierte, virtuose Linie entfaltete, setzte die Flöte markante Impulse. Den Raum absteckende, gegenläufige Bewegungen und gemeinsame Ausgangspunkte sowie unterschiedliche Dichteverhältnisse und Geschwindigkeitsverläufe entwickelten ein feingliedriges musikalisches Gewebe. Das ständige Wechselspiel, welches der beiden Instrumente sich für wie lange im Klangvordergrund behaupten kann, bot beim Hören viele Anreize.
Das Zirpen, Gurgeln, Schnattern und die Luftgeräusche verbunden mit elektronischen Sounds verströmten im „Due di Uno“ von Agostino di Scipio eine naturhafte Stimmung. Auch dieses Werk zeichnete sich durch ein fein abgestimmtes Reagieren der Instrumentalstimmen aufeinander aus und führte die Zuhörenden in einen beziehungsreichen musikalischen Kosmos. Dabei wurde die Aufmerksamkeit auch auf den Gehalt nuanciert dargebotener, geräuschhafter Klänge gelenkt.
Hannes Kerschbaumer setzte in seinem Werk „geschiebe“ auf klangliche Angleichungen und Differenzierungen. Unterschiedliche Tonqualitäten des Streichinstruments und des Blasinstruments wurden ausgelotet, Klänge in die Obertonstrukturen aufgespreizt und Tonspektren frei gelegt. Die Ausgangsidee bot einige Anregungen, die sich jedoch ziemlich rasch erschöpften.

Totale Ablehnung

Timothy McCormack stellte mit seinem Werk „The Chain of the Spine“ die Zuhörerinnen und Zuhörer auf eine harte Probe. In einer genau ausnotierten Stimme, die die Geigerin Natália Kubalková hervorragend ausdeutete, setzte der Komponist einen Pappkarton als Musikinstrument ein. Mit einem Geigenbogen strich Natália Kubalková über die Kante des Kartons und setzte damit Quietschgeräusche frei, die durch Mark und Bein gingen. Diese wurden mit einem durchdringenden, in grausigen Schwebungen auseinander driftenden Liegeton in Beziehung gesetzt. Bei derartigen Attacken, die mir die Gänsehaut über den Rücken jagten, setzten mein Interesse und mein Urteilsvermögen aus, Aggression und totale Ablehnung machten sich breit. Insofern wirkte bei mir wohl die Intention des Komponisten.

Humorvolle Dialoge

Ein melodisch-rhythmisches Spiel zwischen der Violine und der Kontrabassflöte (Paetzold) bot Thomas Wally in „lup fränzi a“. Spannend wirkten die Spaltklänge der Kontrabassflöte, die eine Mehrstimmigkeit implizierten. Die beiden Stimmen stachelten sich immer wieder mit tremolierenden Klängen, Wechseltonlinien und einander provozierenden Gesten an. In diesen humorvoll ausgestalteten Dialogen lag viel kommunikative Ausdruckskraft.