Neu in den Kinos: „Beautiful Wedding“ von Regisseur Roger Kumble (Foto: Leonine)
Silvia Thurner · 14. Jän 2020 · Musik

Gediegener Jazz im sonntäglichen Vorabendprogramm – zwiespältige Hörerlebnisse mit dem „Wolfgang Muthspiel Chamber Trio“

Zum ersten Mal begrüßten Silfredo Pérez und Michael Löbl Jazzmusiker in der von ihnen kuratierten Konzertreihe „Gitarre amBach“. Der in Vorarlberg bestens bekannte Gitarrist Wolfgang Muthspiel präsentierte mit dem Schweizer Pianisten Colin Vallon sowie dem österreichischen Jazztrompeter Mario Rom eine Auswahl seines breiten musikalischen Schaffens, vornehmlich jedoch Werke mit eher getragenem Charakter. Vielleicht auch deshalb wirkte die Atmosphäre im Saal etwas verhalten. Erst am Schluss machte sich unter den Fans Begeisterung breit. In der sehr gut besuchten Kulturbühne kam auch der neue Bösendorfer Flügel zum Einsatz, der seine musikalische Feuertaufe im Jazztrio bravourös bestand.

Wolfgang Muthspiel präsentierte den Zuhörenden Kompositionen aus unterschiedlichen Schaffensphasen und stellte sich mit seinem Song „Austria“ auch als Singer-Songwriter vor. Während er und Colin Vallon am Klavier gut aufeinander eingestimmt musizierten, einander trugen und anregten, wirkte das Zusammenspiel mit dem Trompeter Mario Rom etwas distanzierter.

Zurückhaltend

Der 30-jährige Jazztrompeter Mario Rom wird weithin als sensibler Musiker mit einer vielgestaltigen Aussagekraft geschätzt. Zuerst weckte er mit einem luftdurchsetzten Trompetenton, der an die Diktion einer Jazzsängerin erinnerte, das Interesse und der erzählend musikalische Grundton war zu Beginn anregend. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass Mario Rom seine spezifischen Spielarten nicht so recht ausspielen konnte. Bis auf wenige Passagen, die die Aufmerksamkeit auf sich lenkten, blieb er nicht nur im Hinblick auf variierende Tonqualitäten zu zurückhaltend.
Wie immer musizierte Wolfgang Muthspiel an der Gitarre bewundernswert facettenreich. Sparsam eingesetzte Electronics unterstrichen die melodischen Linien und im Zusammenwirken mit dem Pianisten entfalteten sich einige reizvolle Dialoge. Colin Vallon agierte flexibel, stellte sich in den Dienst des Gitarristen, war aber präsent, wenn ihm Raum geboten wurde.

Kontinuierliche Entwicklungen

Als Sinnbild für den musikalischen Gehalt des Konzertes könnte das Werk „Where the river goes“ gelten. Darin bildete eine feinsinnig dahin plätschernde Musik reizvolle harmonische Passagen aus und durchlief in einem ebenmäßigen melodisch-rhythmischen Fluss verschiedene Umgebungen. So entwickelte sich eine angenehme Weitläufigkeit. Wenige Ecken oder gar Kanten störten - beziehungsweise belebten - die musikalischen Gestalten.
Unterhaltsam wirkte das Stück „Everything happens to the dog“, das mit einer klangfarblich schillernden Eingangspassage über die vorgegebenen Töne f-a-as den Rahmen absteckte. Aufhorchen ließen auch die abrupten Wechsel, in denen dem musikalischen Geschehen das harmonische Fundament entzogen wurde. Etwas zum Hineinsteigern gab es im Brad Mehldau gewidmeten Werk. Und anregende Abschnitte beinhaltete auch das Werk im Stil des „rhythm chances“.

Zweierlei Resonanzen

Wer sich tragen ließ von den sich in einem kontinuierlichen Verlauf verwobenen musikalischen Gewebe, konnte mit dem „Wolfgang Muthspiel Chamber Trio“ feinsinnige Jazzmusik genießen. Wer sich hingegen das im Programm formulierte Vorhaben des Chamber Trios erwartete, wurde enttäuscht. Wirklich interaktive, polyphone Netze knüpften die Musiker an diesem Abend eher wenige.