Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Silvia Thurner · 23. Jän 2011 · Musik

Ganz in die Welt des Klanges abgetaucht - Mario Brunello und Andrea Lucchesini boten ein reizvolles kammermusikalisches Panoptikum

Bei den Bregenzer Meisterkonzerten gastierten diesmal nicht wie gewohnt ein Orchester, sondern zwei Kammermusiker von internationalem Format. Der Cellist Mario Brunello und Andrea Lucchesini am Klavier interpretierten Sonaten von Beethoven und Brahms. Im Mittelpunkt stand Schuberts Arpeggione-Sonate, die individuell und mitreißend schön ausgestaltet wurde. Die beiden Musiker zogen die Aufmerksamkeit auf sich und füllten den Saal im Bregenzer Festspielhaus mit intensiven Werkdeutungen.

Die Sonate in F-Dur, op. 5/1 von Ludwig van Beethoven war ein ideales Eröffnungsstück für den anspruchsvollen Konzertabend. Spielerische Themenführungen, der an Haydn orientierte, klassisch melodische Fluss und die harmonischen Gravitationspunkte ermöglichten ein leichtfüßiges Spiel, das Mario Brunello und Andrea Lucchesini mit einem faszinierenden Gespür für die großen Phrasierungsbögen ausfüllten. Von Beginn an war erlebbar, wie feinfühlig sie in ihrem Spiel aufeinander eingingen. Auf diese Weise wurden selbst kleinste Veränderungen der Tempi und der Dynamik transparent ausgeformt. Besondere Spannungsmomente ergaben die abgeklärte Auflösung des Grundthemas am Schluss und die transzendierenden Klangfarben in hohen Lagen. Bemerkenswert verschmolzen die Klangfarben miteinander. Das Klavier nahm abschnittweise einen fast sonoren Grundton an.

Erzählfluss und Innehalten

Zur Beethovensonate stand die Sonate für Violoncello und Klavier, Nr. 2 in F-Dur, op. 99 von Johannes Brahms in einer spannenden Wechselbeziehung. Einesteils war der pastorale Grundton in beiden Werken gegeben, andernteils setzte sich der kraftvoll intensive musikalische Dialog fort. Der weit gesteckte Klangraum wurde kraftvoll durchschritten. Allerdings wirkten in einigen Passagen die Klangperspektiven zwischen Violoncello und Klavier etwas zu wenig ausbalanciert. Andrea Lucchesini agierte abschnittweise zu bescheiden, sodass die Gleichberechtigung der Stimmführung nicht durchwegs klar war. Die ganze Meisterschaft ihres Könnens entfalteten die Beiden in den ätherisch transformierten Klangfeldern, als der musikalische Fluss inne hielt und ganz im Jetzt verharrte. Korrespondierend reagierten die Kammermusikpartner im Finalsatz aufeinander.

Im Augenblick verweilen

Schuberts Sonate für Klavier und Arpeggione, D 821, ist wohl fast jedem Konzertbesucher im Ohr. Spannend sind deshalb vor allem Interpretationsvergleiche. Langsam nahmen Brunello und Lucchesini die Grundtempi, überdies setzten sie mit den Tempoveränderungen ganz eigene Schwerpunkte und boten eine individuelle Werkdeutung. Besonders die facettenreiche Klangfarbenvielfalt der Musik konnte man hier erleben, Bassgänge im Klavier bewirkten ein stark wirkendes Fundament. Die Töne und die Klänge modellierte Mario Brunello auf seinem Maggini-Violoncello aus dem Jahr 1600 berückend schön. Er spielte "tonlose" Klänge mit derselben Intensität wie plastische Klangtürme im Forte.

Eindringlich und authentisch

Der Übergang von Schubert zur Beethovensonate, Op. 102 in D-Dur wirkte etwas abrupt, jedoch wurde auch dieses Werk durchdringend ausgestaltet. Der zweite Satz mit einer Kantilene „sangen“ Mario Brunello und Andrea Lucchesini. Besonders spannend entwickelten sie das fugierte Thema im Finalsatz.
Bemerkenswert an den beiden Kammermusikpartnern war ihre unprätentiöse Spielart, ohne übertriebenen Körpereinsatz steckten die beiden Musiker ihre ganze künstlerische Kraft in die Musik selbst. Diese Zurückhaltung wirkte sehr sympathisch.