Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 27. Aug 2017 · Musik

Ganz im Hier und Jetzt die Musik durchlebt – Die Mezzosopranistin Elisabeth Kulman, am Klavier begleitet von Eduard Kutrowatz, faszinierte bei der Schubertiade Schwarzenberg

Ein Liederabend mit Elisabeth Kulman ist ein inspirierendes Erlebnis. Für das Schubertiadekonzert haben die Mezzosopranistin und ihr Klavierpartner Eduard Kutrowatz ein berührendes Konzertprogramm über das Leben, die Liebe und die Vergänglichkeit zusammengestellt. Jedes einzelne Lied von Robert Schumann, Franz Schubert und Herwig Reiter entfaltete die Sängerin mit einer Intensität, die die Zuhörenden in den Bann zog und höchste Bewunderung hervorrief. Elisabeth Kulman ist eine der ganz wenigen Menschen, denen man vorbehaltlos glaubt, dass sie die Lieder „durchlebt“ und dabei ganz bei sich selbst ist.

Robert Schumann schätzte die sehr jung verstorbene russische Dichterin Elisabeth Kulmann sehr und vertonte einige Gedichte von ihr. Wohl nicht nur der fast gleich lautende Name der Textdichterin motivierte die Mezzosopranistin Elisabeth Kulman die von einigen Sängern und Musikwissenschaftern eher gering geschätzten Schumannlieder ins Programm zu nehmen. Geistreich wurden sie mit Liedern aus dem berühmten Zyklus "Frauenliebe und Leben" kombiniert. Die in Naturmetaphern, mitunter naiv erzählenden, schlichten Lieder nach Kulmanns Texten und die emotionale Kraft, die die Lieder aus dem Zyklus „Frauenliebe und Leben“ verströmten, ergänzten einander hervorragend und entwickelten eine ganz eigene Dynamik. Dazwischen spielte Eduard Kutrowatz kurze Stücke aus Schumanns Kinderszenen sowie aus den Fantasiestücken. In dieser Werkzusammenstellung erzählten die Liedsängerin und der Pianist klangsinnlich und geistreich Geschichten über die essentiellen Themen des Lebens.

Mit Symbolkraft

Die Art wie Elisabeth Kulman die Lieder ausdeutete, berührte sofort. Dass sie über eine über jeden Zweifel erhabene Gesangskunst und ein samtweiches Timbre verfügt, muss nicht näher ausgeführt werden. Am allermeisten zeichnete die Sängerin ihr individueller und ehrlicher Zugang zu jedem einzelnen Lied aus. So kamen die Symbolkraft der Texte und die Wirkkraft der musikalischen Gestalten in jeder kleinen Geste zum Ausdruck. Auch die eher unscheinbaren Lieder „Kinderwacht“ oder „Reich mir die Hand“ erhielten neben ganz großen Liedkompositionen wie dem „Nachtlied“ und der „Mondnacht“ eine mitreißende künstlerische Aussage.

Textdeutlich und mit einer farbenreichen Nuancierung formte Elisabeth Kulman die Lieder. Die Kraft lag auch in der dynamischen Zurückhaltung, denn dadurch betonte die Sängerin den natürlichen Duktus der melodischen Linie und überhöhte gleichzeitig die musikalische Wirkung. Viel gäbe es zu berichten über die vielgestaltigen Werkdeutungen, hier sollen zwei herausragende Beobachtungen genügen. Mit wenigen Gesten und dem Atem verlieh Elisabeth Kulman der Erotik in „Ich kann’s nicht fassen, nicht glauben“ eine Körperlichkeit. Lange in Erinnerung bleiben wird auch die in einem intensiv verinnerlichten Pianissimo entfaltete Passage in „Nun hast du mir den ersten Schmerz getan“.

Aus dem Leben gegriffen

Auch der zweite Programmteil war hervorragend konzipiert. Drei theatralische Pfeiler bildeten die separat vorgetragenen Strophen von Schuberts Ballade „Dithyrambe“. Eine abgeklärte Ruhe verströmten die Schubertlieder „Wehmut“, „Am Tage Aller Seelen“ und „Klage“. Im Mittelpunkt standen die Lieder „Sachliche Romanze“, „Misstrauensvotum“, „Alte Frau auf dem Friedhof“ und „Für die Katz“ des Niederösterreichischen Komponisten Herwig Reiter, komponiert nach Texten von Erich Kästner. Die scharfsinnigen, so unvergleichlich in Worte gefassten Beobachtungen und Lebensweisheiten von Erich Kästner komponierte Herwig Reiter in einen lebendigen und humorvollen musikalischen Satz. Dabei unterstrich er den Textduktus und setzte den Wortsinn mit sparsamen musikalischen Mitteln wirkungsvoll in Szene. Die Lieder schienen wie geschaffen für die unprätentiöse und natürliche Ausstrahlung der Elisabeth Kulman.

Großes Einverständnis

Eduard Kutrowatz war der Mezzosopranistin in allen Darbietungen ein verlässlicher Partner. Sehr präsent deutete er die Klavierparts aus. Dass sich Elisabeth Kulman und Eduard Kutrowatz gut aufeinander verlassen können, zeigte sich unter anderem in der Kommunikation der beiden. Nur so war die außergewöhnliche Positionierung der Sängerin möglich. Schräg vor dem Pianisten stehend - ganz frei und ohne Halt - füllte die mitreißende Sängerin mit ihren Lieddeutungen den Angelika-Kauffmann-Saal.