Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Anita Grüneis · 31. Mär 2014 · Musik

Furioses Weckerleuchten mit ewigen Augenblicken

Das ist der Liedermacher Konstantin Wecker, wie ihn sein Publikum seit 40 Jahren kennt: vital, zärtlich, poetisch und immer ein bisschen verschmitzt. Mit seinen 66 Jahren ist er nun auch ein bisschen leiser geworden. Und sehr, sehr liebevoll. Tosender Applaus und standing ovations dankten ihm für sein Solo-Programm „Jeder Augenblick ist ewig“ im Schaaner SAL.

Die meisten Zuhörerinnen und Zuhörer sind mit Konstantin Wecker gealtert. Sie haben ihn – und sich – als jugendlichen Wilden erlebt, als einen, der sich mit einer hungrigen Vitalität auf dieses Leben stürzt und es am liebsten aussaugen möchte. Genug war eben nie genug und ist es heute noch nicht. Oder vielleicht doch? 67 wird er dieses Jahr, der Konstantin Wecker, der immer noch tourt, aber nicht mehr Klavierspielen kann, weil ihn eine Titanplatte in der Schulter daran hindert. Dafür sitzt sein jahrzehntelanger Begleiter Jo Barnikel am Flügel. Er spielt nicht ganz so wild wie Wecker, aber genauso virtuos. Und manchmal setzt sich Wecker dazu und spielt mit ihm, rechtshändig.

Die alten sind auch die neuen


Wecker hat für ein Publikum ein kluges Programm zusammengestellt. Gleich in den ersten 50 Minuten bietet er ihm ein Medley mit seinen berühmtesten Liedern. Jeder darf in Erinnerungen schwelgen, aber nicht in Sentimentalität. Denn Wecker gibt jedem Song eine frische Note, singt ihn mit neuem Hintersinn. Es ist eine Reise in die Vergangenheit ohne Heimweh. Weckers wuchtige und vibrierende Vitalität ist einem liebevollen Verständnis gewichen. Von der einstigen Gier ist nichts mehr zu spüren, höchstens eine leise Wehmut danach. Geblieben sind Zärtlichkeit und Mut, und ein wenig Wut.

Der rebellierende Barde von einst ist aber nicht müde geworden. “Ich sing für alle, die mit mir noch auf der Suche sind nach einer Welt, die es vielleicht nie geben kann, die kein Gemälde sein wollen, sondern immer Skizze sind und unvollendet enden, (…) den niemals Angepassten sing ich dieses Lied … “. Das ist typisch für den gradlinigen Künstler, der in jeder Lebenssituation authentisch geblieben ist, was nicht immer einfach war.

Vom Vater zum Vatersein


Darüber spricht er in seiner Autobiografie, aus der er Auszüge vorliest. Weglaufen wollte er immer, schon als 15-Jähriger zog es ihn nach Italien. Die Liebe zu diesem Land hat sein Vater in ihm geweckt, ein erfolgloser Opernsänger, Maler und Autor. Er hat auch die Liebe zur Musik in seinem Sohn wachsen lassen und den Respekt vor dem Geradestehen zu dem, was man im Leben tut. So war denn auch einer der berührendsten Momente dieses Abends, als Konstantin Wecker seinen Text zum Sterben des Vaters vorlas. Da war die Liebe des Sohnes zum Greifen nah. Das Publikum schwieg denn auch tief ergriffen, bis Wecker zum Mikrofon griff und ein Liebeslied anstimmte. „Menschen müssen sich verändern, um sich selber treu zu sein“, so Wecker. Und genau das tut er. Dafür liebt ihn das Publikum, für das er immer ein ehrlicher Spiegel gewesen ist. Wecker, inzwischen selbst Vater von zwei Söhnen, hält sie weiter hoch, die blaue Blume der Romantik, das Symbol für das metaphysische Streben nach dem Unendlichen. Dabei vergisst er aber keineswegs die sehr irdischen Glücksmomente.