Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Silvia Thurner · 01. Sep 2019 · Musik

Einfallsreiche Jugendblasorchester – Das Finale des Wettbewerbs „Crossing the winds“ war ein energiegeladenes Fest

Im vergangenen Jahr schrieb das „Sinfonische Blasorchester Vorarlberg“ einen internationalen Wettbewerb für Jugendblasorchester aus. Gefragt wurde insbesondere nach kreativen neuen Ansätzen der Musikdarbietung und individuellen Ideen der Umsetzung. Nun war es soweit und aus den zehn Einreichungen konnten drei Jugendblasorchester ihre Programme im Feldkircher Montforthaus präsentieren. Die Stimmung im Saal war hervorragend, die anwesenden jugendlichen Musikantinnen und Musikanten hatten einesteils ihre Fans dabei, freuten sich andernteils aber auch mit den Mitbewerbern. Die Jury hatte ein leichtes Spiel, denn die Reihung der Gewinner war nach den Darbietungen klar.

Wettbewerbe für Jugendblasorchester sind hierzulande gut etabliert. Für zahlreiche Jungmusiken im Land und auch österreichweit bieten sie Anreize, um sich in Vorbereitungsphasen intensiv auf Werkdeutungen einzulassen und das Niveau des Zusammenspiels zu heben.

Im vergangenen Jahr initiierten Thomas Ludescher und das Sinfonische Blasorchester Vorarlberg einen eigenen Wettbewerb. Abseits der sonst üblichen Bewertungskriterien wie Intonation, rhythmisches Gestalten, Phrasierung und Gesamtklang, die bei den traditionellen Blasmusikwettbewerben im Vordergrund stehen, stellten die Initiatoren des neu gegründeten Jugendorchesterwettbewerbes ausgefallene kreative Konzertideen und die Musikvermittlung in den Fokus. Aus den zehn Einreichungen wurden drei zum Finale eingeladen. Klaus Karitnig führte als Moderator durch die Veranstaltung im Feldkircher Montforthaus und erklärte die Wettbewerbsbedingungen. Im Rahmen von Kurzkonzerten legten die Jurymitglieder Christoph Thoma, Maria Erlacher, Herwig Bauer und Otto M. Schwarz das Augenmerk vor allem auf die Innovationskraft, die kreative Umsetzung, den Bezug zur realen Lebenswelt sowie auf die Begeisterung der Ausführenden.

Wie bei allen Wettbewerben haben alle teilnehmenden Jugendkapellen gewonnen, denn die geistreichen Umsetzungen, die originellen Werkbezüge und die vielen Proben, um das Gewollte auch adäquat präsentieren zu können, war bei den Teilnehmern gleichermaßen spürbar und alle Musikantinnen und Musikanten gaben das im Moment Bestmögliche.

Ein abgerundetes Ganzes

Souverän entschied die aus der Ostschweiz kommende „Liberty Brass Band Junior“ den Wettbewerb für sich. Bemerkenswert daran ist, dass nicht eine sinfonische Blasorchesterbesetzung mit Holzbläsern den Wettbewerb gewann, sondern eine Brassband in der typischen Blechbläserbesetzung mit Cornets, Althörnern, Euphonium, Tuba und anderen. Ein bedeutender Schachzug der „Liberty Brass Band Junior“ unter der Leitung von Christoph Luchsinger bestand darin, dass sie die Street Dance Gruppe Weinfelden zum Zusammenwirken eingeladen hat.

Das Musikvermittlungskonzept der Brassband und der Tänzerinnen überzeugte durch die außergewöhnlich gute Choreografie und die musikalische Gestaltungskraft. Noch dazu kamen die Bandmitglieder über zahlreiche Passagen hinweg ohne Noten aus. Für ihre Geschichte des anfänglichen Gegeneinanders und schließlich des Miteinanders brauchten sie keine Worte. Die hervorragende Werkauswahl, die unter anderem „Blackbird Special“ der Dirty Dozen Brassband (Arr. Feid Gilje), einen Ausschnitt aus Paul Lovatt-Coopers „Equilibrium“, „The Rose“ von Amanda McBroom (Arr. Frank Bernaerts) und „Billie Jean“ von Michael Jackson (Arr. Idar Torskangerpoll) sowie „Joy, Peace and Happiness“ von Richard Philips beinhaltete, zog die Zuhörenden in ihren Bann und so konnte sich die Band nicht nur über den Hauptpreis, sondern auch über den Publikumspreis freuen.

Zeitkritische Botschaften

Einen ganz anderen Zugang wählte die zweitplatzierte Jugendblaskapelle Sonthofen für ihren Auftritt. Unter dem Leitgedanken „Zeit“ offerierte sie ein zeitkritisches und sehr heimatverbundenes Programm mit einer durchdachten Dramaturgie. Fantasievoll bespielte das Jugendorchester unter der Leitung von Jörg Seggelke den Raum. Ein herausragender Coup war der überraschende Beginn der Performance, denn die Musikantinnen und Musikanten spielten nicht, sie sangen. Darüber hinaus begeisterte die Jugendblaskapelle mit kammermusikalischen Darbietungen, die nicht nur hervorragend ausgedeutet erklangen, sondern eine große Erwartungshaltung aufbauten. Die Werkauswahl unterstrich den Spannungsbogen, ausgehend vom Traditional „Irish Blessing“ über „Tears in Heaven" von Eric Clapton (Arr. Roland Kernen) bis hin zu Thiemo Kraas‘ „Imagasy“ und „Vitae aeternum“ von Paul Lovatt-Cooper (Arr. Benedikt Heid).

Ideenreich

Ein buntes Konzertprogramm bot das „Kreisjugendorchester Neunkirchen“ unter der Leitung von Claudia Wälder-Jene, das sich über den dritte Platz freuen konnte. Im Rahmen von humorvollen „Fernsehreportagen“ führte das Jugendorchester in die vielseitig ausgewählten Werke ein. So erklang unter anderem „The Blues Brothers Revue“ (Arr. Jay Bocook), “Jungle” von Thomas Doss, “Apollo 11 – Mission to the Moon” von Otto M. Schwarz und “Riverdance” sowie Pink Floyds “Another Brick in the Wall”. Aus den eigenen Reihen kamen die Protagonisten, die die musikalischen Darbietungen schauspielerisch und tänzerische unterstützen und mit einigen guten Ideen punkteten.

Gutes Konzert, aber am falschen Ort

Außer Konkurrenz, weil der vorgegebene Altersdurchschnitt von höchstens 25 Jahren nicht eingehalten werden konnte, trat die „Bläserphilharmonie Ehgatten“ beim Wettbewerb „Crossing the Winds“ an. Das Sinfonische Blasorchester unter der Leitung von Bob Sibich spielte hervorragend und präsentierte ein sehr dichtes Programm mit Werken, unter anderem von David Maslanka, Paul Huber, Philip Sparke, Karl Jenkins und Alfred Reed. Das dazu gezeigte Video war hervorragend konzipiert und überhöhte die musikalischen Darbietungen. Teilweise wirkte das Video stärker als die Musik selbst. Vor allem die beabsichtigten inhaltlichen Kontraste stellten die hör- und visuelle Wahrnehmung in eine unnötige Konkurrenz zueinander.

Die Aussage des Konzertes war schlüssig und zeitkritisch, allerdings war das Orchester und auch das Konzert - zumindest meiner Wahrnehmung nach - fehl am Platz, denn mit Musikvermittlung hatte die Performance sehr wenig zu tun.