Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Ionian · 31. Jul 2011 · Musik

Eine musikalische Reise quer durch Europa – Das Open Hair 2011 brachte in familiärem Festivalrahmen wieder heimische Bands und ausgewählte Gäste auf die Bühne

Inzwischen zum sechsten Mal veranstaltete der Kulturverein „Hängöver Prödüctiöns“ das Open Hair Festival im ansonsten recht verträumten Göfis. In malerischer Kulisse wird der Sportplatz Agasella jeweils am letzten Juliwochenende zum Schauplatz des einzigen wahren Hippiefestivals der Umgebung. Eine von Herzen kommende Idee hat über die Jahre hinweg Gewicht bekommen. „The Power Of Love“ wurde heuer durch ein Cover des Headliners Kristofer Aström zum unausgesprochenen Motto. Jedes Jahr wird hier die lokale Musikszene vernetzt und unterstützt. Der Göfner Sal DeBari eröffnete das Festival. Die neuen Römer „Times New Roman“ und die charmanten Franzosen „Clara Yucatan“ übernahmen die zentralen Rollen an diesem Abend. „Christopher Christopher“ aus der Schweiz befriedigten das Bedürfnis nach etwas Schwungvollerem. Der Schwede Kristofer Aström ist kurzfristig eingesprungen und hatte zu Recht die Ehre diesen Abend zu beenden.

Eine musikalische Reise von Frankreich nach Grönland mit Halt in der Schweiz und Österreich wurde im Programm angekündigt. Nur acht Tage vor dem Festival sagte mal schnell der geplante Headliner „Nieve Nielsen“ aus Grönland ab. Bandbooker Johannes Lampert und der Kulturverein mussten also kurzfristig die Reisepläne ändern. Mit der Hilfe von Tom Jirsa von Frequent Music Productions wurde ein würdiger Ersatz gesucht und auch gefunden. Nachdem diese Hürde überwunden schien, setzte man alle Hoffnungen in ein trockenes Wochenende. Denn Regen ist das größte Hemmnis für Freiluftmusik, selbst wenn man die Sonne im Herzen trägt.

Der Barde aus Göfis

Sal DeBari eröffnete als Solist mit seiner Gitarre das Festival. Nicht ganz alleine, da er sich Sängerin Melanie für ein paar Songs mit auf die Bühne holte. Als Eröffnungsact hat man immer das Problem, dass die Besucher gerade erst eintrudeln. Trotzdem konnte er mit seinen persönlichen Balladen all diejenigen erwärmen, die schon vor Sonnenuntergang hier waren.

Die Zeit ist reif für neue Römer

Die zweite Band „Times New Roman“ war auch schon der erste richtige Höhepunkt des Abends. Sie schafften es, die volle Aufmerksamkeit der inzwischen gut gefüllten Festivalwiese auf sich zu ziehen. Ihre verträumten Songs umrahmten sie mit der Geschichte einer Schiffsreise, und so kann man den Auftritt durchaus als Konzeptkonzert bezeichnen. Der Sound und auch die Ansagen schafften eine gefühlvolle Stimmung. Die abwechslungsreiche Instrumentierung und vor allem die vielstimmigen Chöre verwöhnten die Ohren. Mit ihrem aktuellen Album [’i:slant] und dem umtriebigen Konzertplan dieses Sommers, haben sie bereits jetzt mächtig Eindruck hinterlassen. Auf dem Szene Openair und auf dem Freakwave Festival gibt es weitere Gelegenheiten, beim Aufbau des neuen römischen Imperiums selbst dabei zu sein.

Mit weißen Pünktchen und französischem Charme

Auf einer sagenhaften Reise nach Paris lernten die neuen Römer die sympathischen Franzosen „Clara Yucatan“ kennen. Mit lieblichem Charme und verspielter Verrücktheit verwandelten sie die Bühne in einen skurrilen Streichelzoo. Mit großen Augen und einem breiten Lächeln flüstert das Geschwisterpaar vor allem schmeichelnde Songs. Alles hat in einer Badewanne begonnen, artet dann aber auf der Bühne auch aus, mit Tanzbeats und einer kostümierten Choreographie. Mit ehrlichem Tiefgang wurden sämtliche Sprachbarrieren überwunden. Als dann auch noch gemeinsame Sache mit „Times New Roman“ gemacht wurde, war mit neun Musikern auf der Bühne der absolute Zenit des Abends erreicht. Das Cover „Home“ von „Edward Sharpe & The Magnetic Zeros“ besang ein Zuhause, wo immer man unter Freunden ist und hallte noch lange in den Ohren nach. Damit brachten sie leuchtend weiße Punkte der Glückseligkeit auf das schwarze Gewand der Nacht.

Britischer Rock aus der Schweiz

Für viele Besucher war hier auch schon Schluss, denn die Kälte kroch unter die Kleidung jener, die mangelhaft ausgerüstet waren. Dabei verpassten sie den folgenden Auftritt von „Christopher Christopher“. Diese Band hörte sich an, wie gerade aus Großbritannien eingeflogen, stammt aber aus der Schweiz. Spätestens jetzt wurde getanzt und gesprungen. Ungebändigte jugendliche Kraft drang von der Bühne herab, getragen von rockigen Gitarren. Damit setzten sie ganz klar den schwungvollen Akzent dieses Abends.

Ein schwedisches Tagebuch der Liebe

Am Bühnenrand beobachtete Kristofer Aström nach einer neunstündigen Anreise aus Schweden das Festival und die Menge. Er war gespannt und hätte gerne mit seiner ganzen Band performed. Schließlich mangelte es  aber an überhaupt nichts, denn er verzauberte vom ersten Moment an mit melancholischen Songs. Das Gefühl, das durch das Liedgut des Nordmannes verbreitet wird, stammt aus einem Leben, das nur zwei Monate Sommer im Jahr kennt. Diese Schwere legte sich wie eine wärmende Decke über den Rest der Gäste und bettete sie zum Abschluss wohlig. Zur Jukebox wollte er sich nicht machen lassen, trotzdem gab er mit „The Power Of Love“ ein Cover zum Besten. Und die Kraft der Liebe war bestimmt nicht das schlechteste aller Schlusswörter.

Ein Drehpunkt regionaler Musiker und Gäste

Das Open Hair überwindet neben den Landesgrenzen auch diejenige zwischen Publikum und Künstlern. Dadurch, dass das Festival angenehm überschaubar ist, trifft man hier ganz ungezwungen auf die Musiker. Zahlreiche Mitwirkende identifizieren sich stark mit der Idee und bringen helfende Hände ein. Am darauf folgenden Sonntagmorgen setzt man sich dann zum gemütlichen Frühstücks-Brunch zusammen und hat dadurch noch mehr Zeit, sich auszutauschen. Davon wird auch tatsächlich Gebrauch gemacht und Beziehungen werden aufgebaut. "Ihr seid das Festival!" lautet es dankbar auf der Open Hair-Website. So wird das unscheinbare Göfis langsam aber stetig ein bekannter und beliebter Treffpunkt auf der Landkarte verschiedenster Musikern aus ganz Europa.