Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 30. Aug 2014 · Musik

Eine Müllerin, die Wünsche offen ließ – Benjamin Bruns und Gerold Huber hinterließen gemischte Gefühle

„Die schöne Müllerin“ mit dem Tenor Benjamin Bruns und seinem Klavierpartner Gerold Huber war ein Wechselbad der Gefühle. Jeder weiß, dass bei der Schubertiade die höchsten Maßstäbe an die Liedkunst gesetzt werden und genauso soll dieser Liederabend auch rezensiert werden. Benjamin Bruns gestaltete zwar zahlreiche Lieder des berühmten Zyklus dynamisch differenziert und textdeutlich aus, trotzdem wirkte seine Werkdeutung eher statisch und wenig durchlebt. Umso mehr zog Gerold Huber am Klavier die Aufmerksamkeit auf sich, denn er deutete den Klavierpart gut nachvollziehbar psychologisch aus.

Benjamin Bruns war die Anspannung zu Beginn seines Debüts im Angelika-Kauffmann-Saal anzumerken. Mit eher gemäßigten Tempi gestaltete er das zweite Lied „Wohin?“ und auch die „Danksagung an den Bach“. Zunächst war sein Interpretationsansatz gut nachvollziehbar, denn nicht jeder Müllersbursch geht direkt zur Sache, sondern er kann auch eine eher zurückhaltende Note annehmen. Doch nachdem Benjamin Bruns den „Feierabend“ mit opernhafter Aufregung und danach den „Neugierigen“ mit etwas viel Vibrato vorgetragen hatte, wirkte sein Vortrag nicht mehr so überzeugend. Mit schneller Deklamation und gut artikuliert steigerte der Tenor in „Mein“ und vor allem im  „Jäger“ den Duktus, so dass die innere Erregung und die Wut des Protagonisten gut zum Ausdruck kamen. Auch das abschließende „Wiegenlied“ gestaltete Benjamin Bruns durchdacht.

Ein Vortrag auf hohem Niveau


Das Potenzial des Sängers war erlebbar an diesem Abend. Allerdings wirkte Benjamin Bruns’ Werkdeutung auf mich allzu sehr einstudiert und die einzelnen Nummern vorgetragen. Dies lag nicht zuletzt auch am Notenpult, das der Tenor bei sich hatte. Den Vortrag der „Schönen Müllerin“ mit der Unterstützung von Noten sollte bei der Schubertiade tabu sein. Das wirkt vielleicht kleinlich, hat jedoch einen nicht zu unterschätzenden Grund. Der Sänger wird bei einer mitreißenden „Schönen Müllerin“ zum Protagonisten, zum Müllersburschen, der sein Liebesdrama durchlebt. Sobald der Sänger jedoch mehr als Vortragender, denn als tatsächlich empfindender Mensch wahrgenommen wird, fehlt diese Authentizität und genau dies war meiner Wahrnehmung nach bei dieser Interpretation der Fall.

Mitreißender Klavierpartner


Benjamin Bruns wurde von Gerold Huber am Klavier begleitet. Gleich im ersten Lied ließ er mit der Betonung der Basslinie aufhorchen. Immer mehr wurde der Pianist zum aktiv Gestaltenden, so dass der Klavierpart die tragende Rolle einnahm. Dies eröffnete reizvolle Hörperspektiven, beispielsweise die harmonische Farbe im „Neugierigen“ oder die energische und tiefsinnige Ausdeutung der „Ungeduld“ und „Pause“. In der „Bösen Farbe“ meinte man förmlich die Hörner schallen zu hören, wunderbar war auch der Bogen mit dem Rückzug im Nachspiel in „Trockne Blumen“ gespannt.