Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 17. Dez 2021 · Musik

Eine gehaltvolle Messe imponierend in den Raum gestellt – Jubel für das Vokalensemble „Company of Music“, das „Concerto Stella Matutina“ und Johannes Hiemetsberger

Die Programmverantwortlichen des „Concerto Stella Matutina“ sind für ihre weitsichtige und kluge Werkauswahl bekannt. Zum Abonnementabschluss präsentierte das Orchester zusammen mit dem Wiener Vokalensemble „Company of Music“ unter der Leitung von Johannes Hiemetsberger die hierzulande unbekannte „Missa Bruxellensis“. H.I.F. Biber hat die Messe Ende des 17. Jahrhunderts speziell für den Salzburger Dom komponiert. Das monumentale Werk verfehlte auch in der Kulturbühne AmBach seine Wirkung nicht und begeisterte das Publikum.

Bibers „Missa Bruxellensis“ ist eine groß angelegte Komposition, die nach dem Kompositionsprinzip der „Doppelchörigkeit“ ausgerichtet ist. Zwei Vokalquartette, ein Posaunenchor mit Zinken, ein Trompetenchor und Pauke, eine kraftvolle Continuogruppe und Streicher bilden die einzelnen Gruppen. Vielgestaltige Vokalsoli sowie Imitationsmuster zwischen den Vokal- und Instrumentalparts und eine farbenreiche Instrumentierung bestimmen das musikalische Geschehen varianten- und abwechslungsreich. Wie gewohnt musizierte das „Concerto Stella Matutina“ auf bewundernswert hohem Niveau. Das Wiener Vokalensemble „Company of Music“ ergänzte das Orchester hervorragend, denn die Sänger:innen füllten die Soli und auch die Tuttipassagen mit emotionaler Kraft aus und ergänzten sich im Hinblick auf das Timbre gut.
Johannes Hiemetsberger findet als Gründer und Leiter des „Chorus sine nomine“ viel Beachtung. Doch auch das Vokalensemble „Company of music“ initiierte er vor nunmehr 20 Jahren und leitet es seitdem. Im Rahmen des letzten Abonnenmentkonzertes stand er nun am Pult des „Concerto Stella Matutina“ in der Kulturbühne AmBach. Vom ersten Ton an waren die Intentionen des Chor- und Orchesterleiters klar erkennbar. Ganz auf eine akzentuierte und detailreiche Ausdeutung der musikalischen Motive und Phrasierungen konzentriert, leitete Johannes Hiemetsberger die Sänger:innen und Musiker:innen mit markanter Gestik. So erklangen die musikalischen Linien mit vielen Wechselwirkungen zwischen Imitationen, Sequenzen und polyphonen Abschnitten stets transparent ausgedeutet.
Dem Kyrie verliehen die prägnanten Phrasierungen einen swingenden Duktus. Die Gegensätze zwischen vorwärtstreibenden Impulsen und verweilendem Innehalten loteten der Chor und das Orchester im Gloria gehaltvoll aus. Aufhorchen ließ vor allem die Passage „miserere nobis“, in der die Instrumentalfarben von Zinken und Posaunen, Streichern, Orgel und die Chorstimmen feinsinnig ineinanderflossen. Darüber hinaus kam die harmonische Leuchtkraft gut zur Geltung. Eine schöne Steigerung erreichten die Interpret:innen und Johannes Hiemetsberger am Schluss, wo die Textpassage „in gloria Dei patris“ wie eine Anrufung wirkte. Einen erzählenden, in sich gekehrten Charakter verströmte das Credo. Die bewundernswert plastisch ausgeformte chromatische Linie bei der Textstelle „Crucifixus etiam pro nobis“ bildete den Höhepunkt der gesamten Werkdeutung.

Flexible und variantenreiche Tongestaltung

In einem sensiblen Miteinander erklangen die Soli von Johanna Falkinger (Sopran), Martina Gmeinder (Alt), Florian Ehrlinger (Tenor) und Maximilian Schnabel (Bass), hervorragend ergänzt von den Solist:innen Hannah Fheodoroff (Sopran), Cornelia Traxler (Alt), Julian Podger (Tenor) und Lukas Haselböck (Bass), als Solist:innen „auf der anderen Seite“ des Doppelchores.
Die eher kleinräumig angeordneten kompositorischen Stilmittel, mit denen Biber den Messetext ausgedeutet hat, brachten gleichzeitig die Virtuosität der Sänger:innen und Musiker:innen zum Ausdruck. Besonders im „Osanna“ des Sanctus und im Benedictus entfaltete sich die doppelchörige Werkanlage fulminant. Die homophone Stimmführung im Agnus Dei rückte schließlich den ausgeglichenen Gesamtklang in den Vordergrund und zeigte eindrücklich, wie die musikalischen Motive aus dem Sprachduktus heraus geformt waren.
Dass H.I.F. Bibers „Missa Bruxellensis“ eigentlich einen großen Raum mit Nachhall benötigt hätte, um ihre angestammte Wirkung auch entfalten zu können, war ein Manko dieser ansonsten bewundernswerten Werkdeutung. Ein räumliches Klangerlebnis, bei dem die Zuhörenden in die Mitte gestellt werden, mit vielgestaltigen Motivreihungen, Imitationen und einem ständigen Geben und Nehmen zwischen den Stimmgruppen auch über räumliche Distanzen hinweg, die H.I.F. Biber als integralen Bestandteil der doppelchörigen Werkanlage kompositorisch verarbeitet hat, konnte man in der Kulturbühne AmBach lediglich erahnen.
Einleitend begrüßte das „CSM" das Publikum mit einer opulenten Sonate á 13 von Johann Stadlmayr, in der der helle Klang der Zinken aufhorchen ließ. Die beiden Sonaten von H.I.F. Biber waren gut musiziert, wirkten aber als Intermezzi zwischen den Messteilen deplatziert.

Livestream zum Nachhören
www.youtube.com/watch?v=vIW79qG790Y
www.stellamatutina.at

www.companyofmusic.at