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Peter Bader · 17. Nov 2019 · Musik

Ein Voodoo Train mit reichlich Dampf im Sound

Christof Waibel alias Stompin' Howie brachte mit seinem Voodoo Train anlässlich seiner CD-Präsentation am Samstagabend das Freudenhaus in Lustenau zum Kochen.

Willi Pramstaller hat ein gutes Händchen für die Künstler, die er zu sich in sein Freudenhaus in Lustenau einlädt. Christof Waibels Voodoo Train sorgte mit seinem „very special guest“ Billy Watts an der E-Gitarre anlässlich der Präsentation der CD „The Truth and Other Lies“ für ein gut besuchtes und bejubeltes Konzert. In zwei kurzweiligen Sets zeigten die vier Bühnen-Routiniers auf, was Live-Musik leisten kann: Ihre Spielfreude, ihre professionelle Interaktion und ihr musikalische Können überzeugten sofort; ihr natürlicher Charme machte die vier Musiker auf Anhieb sympathisch. Christof Waibel, Sänger und Keyboarder der Formation, führte charmant durch den Abend und erzählte ohne Eitelkeit von der Entstehung und Produktion der Songs. Auch Little Konzett, seines Zeichens Schlagzeuger der Band, kommunizierte auf humorvolle Weise mit dem Publikum; ungezwungen und offen präsentierten sich auch Billy Watts und der E-Bassist Lorenzo Wilson im Umgang mit den begeisterten Zuhörern. Viel Applaus für eine professionell agierende internationale Besetzung ohne Allüren. 

Im Schatten des Blues

Waibels Herz schlägt für den Blues. Er hat sich im Laufe seiner Karriere nicht nur in Vorarlberg einen guten Namen als versierter Blues- und Rock `n´ Roll-Pianist gemacht. Beobachter der Szene wissen: Dieser Mann spielt ein amtliches Boogie Woogie-Piano. Dies nicht nur als Teil der Band und in seinen Soli, sondern auch als reiner Piano-Solist bei Intros wie „Shake, Rattle and Roll“, „The Hesitation Blues“ oder „A Whole Lotta Shakin'“.
Als Sänger gibt Waibel seiner Stimme einen bluesigen, manchmal rauen Klang und phrasiert auf die dem Blues-Idiom eigene Weise. Die Texte der Songs sind Genre-typisch: Thematisiert werden unter anderem Leid, etwa bei „Mama, Don´t Go“ und „Love & Hate“ oder Ängste, etwa beim Blues-Rock-Kracher „Fire on the Mountain“; dieser Titel ist zwar ein von der Aussage her pessimistischer Song, aber er ist auch sehr tanzbar: nicht zuletzt durch seinen Beat - brachiale Viertelnoten auf der Bassdrum. 

Stilistische Bandbreite 

Geboten wurden Eigenkompositionen und Cover-Versionen berühmter Titel. Dies in stilistischer Vielfalt. Unter den Eigenkompositionen können etwa der CD-Titel-Track „The Truth“ oder die erwähnten Nummern „Mama Don't Go“, „Love & Hate“ und „Fire on the Mountain“ genannt werden. Unter den Covers fanden sich berühmte Blues- und  Rock ´n` Roll-Klassiker wie „Shake, Rattle and Roll“, „The Hesitation Blues“ oder „A Whole Lotta Shakin´“. Bruce Springsteens „Hungry Heart“ bildete den Schlusspunkt des zweiten Sets.
Die stilistische Bandbreite reichte weit. Zu Gehör wurden gebracht: Blues in schnellen und langsamen Tempi; als Beispiel für letzteres: der atmosphärische Slow-Blues „The Sun Shine Down on my Way“. Blues in Dur und Moll. Dur: Etwa der im nostalgischen Stride Piano-Stil gehaltene „Hesitation Blues“; Moll: der schöne Moll-Blues „A Minor Affair“. Der Titel „Mess Around“ wurde in ein Quasi-Mambo-Arrangement gebettet. „Fire on the Mountain“  präsentierte sich als typischer Rock-Blues. Die Variation des James Brown-Klassikers „Cold Sweat“ war eine Funk-Nummer, bei der der E-Bassist Lorenzo Wilson seinen Funk-Daumen präsentieren konnte. Gospel-Klänge hörte man etwa bei „Praise you“.
Die stilistische Vielfalt äußerte sich natürlich auch im Einsatz der Keyboards: Das altehrwürdige Fender Rhodes lieferte den Sound für die weicheren Titel mit Smooth-Jazz-Einschlag. Das Digitalpiano war als Sound-Lieferant für die Boogie- und Rock `n´ Roll-Nummern zuständig. Das Nord Electro war Klang-Quelle für die Funk-orientierten Nummern: Hier hörte man einen überzeugenden Hammond-Sound, etwa bei „Cold Sweat“ und „Where's Eddie?“  In „Cold Sweat“ wurde auch ein durchsetzungsfähiger Hohner-Clavinet-Sound mit Wah Wah-Effekt eingesetzt.

Interaktion: on cue!

Da die Band nicht sehr oft proben kann, heißt es auf der Bühne besonders wachsam sein. Die Devise lautet: „Ohren und Augen auf!“ Denn das Ende und der Beginn von Song-Teilen wurden oft auf Zeichen - on cue - angegeben.
Im Band-dienlichen Spiel verfiel keiner der Musiker dem Drang, sich in den Vordergrund zu spielen. Jeder ließ Raum für seine Mitmusiker. Billy Watts etwa erwies sich als eleganter Begleiter, der keine Note zu viel spielte; aber die Noten, die er spielte, saßen. Man hörte viele kleine melodiöse Fills, die die Songs bereicherten. 

Solistisches Können

Lorenzo Wilson nahm im zweiten Set beim Titel „Cold Sweat“ als selbstbewusster Anheizer im Führerstand der Voodoo-Dampflok Platz. In diesem Bass-Feature fuhr er seinen Funk-Daumen aus und sang enthusiastisch mit kräftiger Stimme.
Little Konzett spielte im Titel „Hey Pocky Way“ ein sehr musikalisches und originelles Drum Solo: Er verließ seinen Schlagzeug-Sessel und betätigte Becken, Tom Toms und Bass Drum von allen Seiten.
Billy Watts zeigte auch als Solist, dass er ein Melodiker ist: Der ganze Abend zeugte davon. Als Beispiel soll der Rock-Klassiker „It's All Over Now“ dienen, der den Rolling Stones den Durchbruch beim europäischen Publikum verschaffte. Diesen Titel veredelte Watts mit einem schönen melodiösen Solo.

Vokale Beiträge

Neben Lorenzo Wilson betätigte sich auch Billy Watts als Sänger. Er zeigte sich etwa bei „Mess Around“ als bühnensicherer Vokalist mit starker Blues-Stimme.

Tanzbares zweite Set

Besonders das zweite Set gestaltete sich als sehr tanzbar. Little Konzett animierte das Publikum, aufzustehen und nach vorne zur Bühne zu kommen. So war es verständlich, dass schon beim Schlussgruß, der üblichen Verbeugung der Band am Bühnenrand, lautstark Zugabe-Forderungen erschallten.
Drei Zugaben. Darunter der Rolling Stones-Klassiker „Sympathy for the Devil“, betrachtet durch die funkige Brille von Little Konzett.