Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Ionian · 12. Jul 2021 · Musik

Ein Sommerfestival wie damals! - Das poolbar Festival-Eröffnungswochenende

Die EM ist vorbei und der Sommer beginnt. Die Corona-Einschränkungen scheinen momentan bei uns noch hinter der 3-G-Grenze eine vollumfängliche Pause zu machen. So kommt es einem manchmal so vor, als wäre das, was wir damals nicht mal als Normalität bezeichnet haben, zumindest manchmal und mancherorts wieder zurück. Was also tun in diesem Sommer, jetzt wo das große Ballnachrennen vorüber ist? Das Reichenfeld und das Alte Hallenbad in Feldkirch würden sich anbieten, denn am Wochenende hat das diesjährige poolbar Festival eröffnet!

Früher war alles besser – abgegriffen und vielzitiert. Aber wenn es eine richtig gute Sache gibt, die diese Pandemie schon letztes Jahr und auch heuer wieder für das poolbar Festival gebracht hat, dann ist es die endgültige Eroberung der Wiese zwischen Pförtnerhaus und Altem Hallenbad als Festivalgelände. Es gab ja schon zuvor immer wieder Open-Air-Veranstaltungen dort, aber das waren einzelne Highlights. Inzwischen ist die Poolbar auch outdoor verankert. Für ein Sommerfestival mit lauen Nächten unter Sternen, beleuchteten Bäumen und Stadtschrofen definitiv kein Nachteil.

Das erste Wochenende

Bereits am Donnerstag hat das inzwischen 28. poolbar Festival die Pforten geöffnet. Wahrlich, denn der Eingangsbereich, der von einem mächtigen Holzterrassenaufbau überspannt wird, wirkt wie ein Eingangstor zu einem anderen Ort. Ein Ort, wo wieder getanzt werden darf, wo keine Masken notwendig sind, wo getrunken, getratscht und gefeiert wird. Ein Ort voller Kultur und Begegnung. So war auch schon die Opening Party mit James Hersey und Why-Y ausverkauft, man musste wetterbedingt nämlich nach drinnen umsiedeln.

Der Vorarlberger Musikpreis

Am Freitagabend fand dann das Finale von Sound@V statt, dem neuen Vorarlberger Musikpreis vom ORF in Kooperation mit Wann & Wo und der Marke Vorarlberg. Dabei handelt es sich um den Nachfolger bzw. die Weiterentwicklung des ehemaligen „Schnabel“ Mundart-Pop/Rock-Wettbewerbes. Mit 25.000 EUR wird dabei ziemlich viel Bargeld verteilt, und es winken auch Auftrittsmöglichkeiten und Airplay in Radio Vorarlberg. Also durchaus ein Sprungbrett für junge Bands und Musiker*innen aus dem Ländle. Die Kriterien für die Teilnahme sind klar definiert und so kommen auch manche Vorarlberger*innen zum Zug, die inzwischen in Wien oder anderswo leben, genauso wie Menschen, die nicht in Vorarlberg geboren sind, aber schon mehr als drei Jahre hier leben. Der Preis wurde vergangenes Jahr das erste Mal vergeben und erlebte heuer seine Zweitauflage.

Vielfalt und Bandbreite

Insgesamt haben sich knapp 70 Bands und Soloacts beworben, was als starkes Zeichen dafür angesehen werden kann, dass es eine große Szene im Land gibt. Es gab vier Kategorien: Pop/Rock, Alternative/Singer-Songwriter, Open Pool und Newcomer. Es wurden je fünf, also 20 Bands und Solokünstler*innen für das Finale nominiert. Die waren natürlich alle im Publikum vertreten, genauso wie auch Gewinner*innen aus dem Vorjahr. Insgesamt war der Abend sehr gut besucht, was alle Beteiligten sehr freute, war der Besucherandrang letztes Jahr ja nicht so stark.
Der Freitagabend im Zeichen von Sound@V begann mit Electronica und House von DJ Void zur Einstimmung. Die Leute waren ausgelassen, man unterhielt sich ohne Masken, konnte umher spazieren und so traf man sich hier und dort. Auch wenn man nicht wollte, war natürlich Corona oft noch immer Gesprächsthema, vor allem, weil es für alle sehr außergewöhnlich war, einen Festivalabend wie früher erleben zu können. Die Veranstaltung war von Anfang an natürlich sehr geprägt von Kameras, Drehbuch und Moderation. Der ORF nutzte das ganze Festivalgelände für eine komplett durchinszenierte Live-Sendung. Das Event verdiente die Bezeichnung Gala-Abend. Immer nur einzelne Songs, damit möglichst viele Acts mit dabei sein konnten, dann wieder Moderation, der Landeshauptmann kam zu Wort, der ORF-Landesdirektor lobte überschwänglich die sensationellen Kooperationen und das Wetter. Alle dankten ganz speziell Herwig Bauer dafür, dass er trotz aller Widrigkeiten vergangenes und auch dieses Jahr das Festival durchführte.

Die wahren Helden

Den Auftakt auf der Bühne machten Hearts Hearts mit sphärischem Indie-Rock, die auch den Preis in der Kategorie Pop/Rock abräumten. Nnella als Preisträgerin vom letzten Jahr präsentierte einen Song mit Ukulele und später am Abend auch ihre Band Why-Y. Peter the Human Boy räumte den Alternative/Singer-Songwriter-Preis ab. Wie reagiert ein Slow Rocker darauf? - Mit einem unaufgeregten „nice“. Mercedes Scheible konnte den Newcomer Award für sich gewinnen. Rosi Spezial ist bekannterweise schwer zuordenbar, aber darum umso würdigerer Sieger in der Kategorie Open Pool. Zur Preisübergabe waren sie nur durch ein Bandmitglied vertreten, alle anderen mussten anderswo Gigs spielen. Fourtune präsentierten schönen A-Capella-Viergesang und Brendan Adams gefühlvolle Popsongs.
Die beiden Zusatzkategorien gingen an Publikumsliebling Cheyenne Alice und das sympathische, coole Mundartduo Mona Ida. Die authentischste Liveperformance lieferten die Vorjahressieger Junipa Gold. Eine spezielle Auszeichnung erhielt Ina Wolf für ihr Lebenswerk. Eine wundervolle Bandbreite an Genres, Stilen und Sounds der Vorarlberger Musikszene. Wo die Musi' gerade spielte war nicht immer klar, die Schauplätze wechselten ständig, waren oft auch im Rücken des Publikums platziert und so nahmen viele einfach mit der Übertragung auf dem großen Screen vorlieb. Der Abend war dementsprechend durchgetaktet und vor allem eine Live-Sendung, streng nach Skript.

Ausgelassen und distanzlos

Ganz anders dann die Aftershow-Party im Pool, wo Hearts Hearts ein frenetisch gefeiertes Konzert gaben, vor knallvollem Haus und danach noch die DJ-Parade eingeläutet wurde. Die Leute genossen sichtlich die Konzert- und Partystimmung, die so lange vermisst wurde. Auch am Samstag wurde im Pool gefeiert, mit Mynth und Gazelle & The Bear und dann der Wiener R&B-Sängerin Eli Preiss. Dabei waren sich alle einig, dass es unfassbar gut tat, wieder auszugehen und Kultur ohne viele Maßnahmen, Regeln und strenge Abläufe genießen zu können.
Der Sonntag rundete das Eröffnungswochenende ab, mit einem feinen Open-Air-Jazzbrunch. Musikalisch begleitet mit raffiniertem, südländisch angehauchtem Jazz von Guapa Loca, unter anderem mit Andreas Broger. Ein schöner Treffpunkt für poolbar-Fans der Vergangenheit, die jetzt junge Eltern sind und mit ihren Kindern einen angenehmen, schattigen Vormittag mit Frühstück, Livemusik und Spielerei im Reichenfeld verbringen wollten. Ein vielversprechender Festivalauftakt, dem nun noch fünf Wochen voller Programm folgen. Alle Infos dazu auf www.poolbar.at