Faurés Requiem in Orgelversion gelang überzeugend in Koproduktion von Stella und Herz Jesu unter der Leitung des Graubündners Clau Scherrer. (Foto: Victor Marin)
Silvia Thurner · 17. Apr 2011 · Musik

Ein Passionskonzert zum Jubiläum – Der Kammerchor Feldkirch feierte sein zehnjähriges Bestehen stilvoll

Das Jubiläumskonzert des Kammerchores Feldirch im Dom St. Nikolaus wurde zu einem allseits gefeierten Ereignis. Die Kräfte aller Chormitglieder hat der Chorleiter Benjamin Lack für die Aufführung der "Johannes-Passion" von J.S. Bach gebündelt, das Barockorchester „Concerto Stella Matutina“ zur Mitwirkung eingeladen und gute SolistInnen engagiert. Die dramaturgische Anlage der Werkdeutung zog die ZuhörerInnen in ihren Bann. Auf sehr hohem Niveau wurde gesungen und musiziert, durchwegs ausgeglichen war die Klangbalance zwischen dem Chor und dem Orchester. Die Überraschung des Abends war Christian Zenker, der kurzfristig für den erkrankten Johannes Kaleschke eingesprungen ist und die tragende Rolle des Evangelisten mit einer höchst bemerkenswerten Bühnenpräsenz verkörperte.

Benjamin Lack leitet den Kammerchor Feldkirch erst seit knapp eineinhalb Jahren. Anlässlich der Feier zum zehnjährigen Bestehen sollte etwas ganz Besonderes geboten werden, und so entschloss man sich zu einem groß angelegten Chor- und Orchesterwerk. Bachs "Johannes-Passion" verlangte den fünfundzwanzig ChorsängerInnen viel ab, doch ihre musikalische Ausdruckskraft überzeugte in allen Passagen. Gelenkig wurden die Stimmen geführt, stets mit Bedacht aufeinander, so dass sowohl die kontrapunktisch als auch die homophon geführten Sätze dynamisch gut ausgeformt gestaltet wurden.
Es ist bekannt, dass Benjamin Lack über die historische Aufführungspraxis gut informiert ist und genau weiß, wie er Bachs Passionsmusik musikalisch ausgestalten will. Aus der Sprache heraus entwickelten die MusikerInnen und SängerInnen die melodischen Sinneinheiten. Auf diese Weise erreichten sie ganz individuelle Akzentuierungen, die eine große Spannkraft in sich trugen.

Klangfarbenreiches Barockorchester

Die farbenreiche Besetzung des Barockorchester „Concerto Stella Matutina“ bewirkte abwechslungsreiche Klangfarbencharaktere, die die Inhalte der Passion hervorragend zum Ausdruck brachten, beispielsweise die Holzbläser in der Altarie „Von den Stricken meiner Sünden“ und die Flöten in der Sopranarie „Ich folge dir gleichfalls“. Besonders eindringlich musizierte die Viola da Gamba mit dem Altisten in der Arie „Es ist vollbracht“. Hier setzten die MusikerInnen die Zeit außer Kraft; Pausen, Stille und Zäsuren bewirkten eine bewegende Ruhe. In Erinnerung blieb auch die scharf konturierte Phrase der Violinen im Rezitativ des Evangelisten „Barrabas aber war ein Mörder“ und dem anschließenden Bassarioso „Betrachte, meine Seele“. Viele differenzierte musikalische Darstellungen der Affekte, charakteristische Tonsymbole und harmonisch beleuchtete Schlüsselstellen könnten an dieser Stelle die Ausführungen ergänzen.

Gute Solisten und herausragender Evangelist

Christine Schneider (Sopran), Markus Forster (Alt), Matthias Haid (Bass) und Clemens Morgenthaler (Bass) gestalteten ihre Gesangspartien mit viel Einfühlungsvermögen. Allen voran begeisterte jedoch Christian Zenker. Er entwickelte mit seiner dramatischen Rezitationskunst eine Spannung, die seinesgleichen sucht und das Publikum über zwei Stunden hinweg fesselte. Mit prägnanten Artikulationen und unterschiedlichen Tonfärbungen füllte er seinen Part vielschichtig aus.

Ein in sich stimmiges Ganzes

Benjamin Lack war ganz bei den SängerInnen und bei den MusikerInnen. Jene, die ihn beobachten konnten, erlebten den musikalischen Leiter mitsingend und mitatmend. So wurde ein musikalisches Ganzes geformt, das vielen Menschen im vollbesetzten Dom die seltene Gelegenheit bot, zu Beginn der Karwoche ein Passionskonzert zu erleben, beklemmend aber auch befreiend in der vielschichtigen kompositorischen und interpretatorischen Aussage.