Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Silvia Thurner · 03. Dez 2013 · Musik

Ein herausragendes Orchester und mitreißende Solisten ließen die spanische Sonne aufgehen – Jubel nach dem zweiten Abonnementkonzert im Dornbirner Kulturhaus

Das zweite Abonnementkonzert von DornbirnKlassik im Kulturhaus war ein herzerwärmendes Ereignis. Das Kammerorchester Basel musizierte unter der Leitung von Philippe Bach ausgeklügelt und rhythmisch mitreißend prägnant. Vor allem der Harfenist Xavier de Maistre wurde seinem guten Ruf mehr als gerecht, als er zu seinem Spiel anhob, hörten alle wie gebannt zu. Die Art wie er das berühmte "Concierto de Aranjuez" von Joaquin Rodrigo in einer Bearbeitung für Harfe in den Raum stellte, sucht seinesgleichen. Auch die Interpretation „El amor brujo“ von Manuel de Falle begeisterte mit der Mezzosopranistin Lilia Tripodi. Nach so viel musikalischem Esprit geriet Rico Gublers Werk „Oton“ ins Hintertreffen, und das aus mehreren Gründen.

Joaquin Rodrigos "Concierto de Aranjuez" für Gitarre und Orchester ist ein Klassiker der Musikliteratur. Dass der Komponist selbst eine Fassung für Harfe publiziert hat, ist wenig bekannt. Das Basler Kammerorchester präsentierte eben diese Fassung mit dem weithin gefeierten Xavier de Maistre als Solisten. Er spielte seinen Solopart mit einer unglaublich schönen Tongebung und eröffnete in diesem so bekannten Werk ganz neue Hörperspektiven. Klangsinnlich modellierte der Harfenist die musikalischen Bögen bis ins Detail durchdacht und belebt. Als er im Adagio die Kadenz zelebrierte, hätte man im Saal eine Stecknadel fallen gehört. Ganz aus der Stille heraus kristallisierte Xavier de Maistre die melodischen Linien. Genauso sensibel und anregend formte der Solist den Finalsatz und verlieh auch diesem ein ganz eigenes Profil.

Harfe und Gitarre im Vergleich

Das Kammerorchester Basel musizierte mit großer Eigenverantwortung, die Musiker und Philippe Bach gewährten dem Solisten viel Freiraum und ergänzten den Solopart hervorragend. Die Fassung dieses Konzertes für Harfe war wohl für viele eine Entdeckung. Eigentlich ist die Harfe für dieses Konzertstück fast besser geeignet als die Gitarre, weil die Harfe im Vergleich einen plastischeren und voluminöseren Klangcharakter hat. Im Zusammenwirken mit dem relativ groß besetzten Orchesterpart erhält die Musik ein körperhaftes und robustes und zugleich klangsinnliches Volumen. Natürlich verstärkte der charmante und atemberaubend musizierende Xavier de Maistre diesen Eindruck. Der Jubel im Saal war groß, und als Dank erhielten die ZuhörerInnen eine Deutung des Stückes „Die Mandoline“ des englischen Harfenisten und Komponisten Elias Parish Alvars.

Urfassungen zeigen Profil

Das Kammerorchester Basel ist für sein Interesse an der Entstehungsgeschichte der Kompositionen bekannt und findet dafür auch Anerkennung. In Dornbirn präsentierten die MusikerInnen und Philippe Bach nicht die bekannte Orchesterfassung des „Liebeszauber“ von Manuel de Falla, sondern die Urfassung. Und auch diese Komposition war auf ihre Art eine Entdeckung, denn die Instrumentation für acht Streicher, Kontrabass, solistisch besetztes Horn, Trompete, Flöte und Oboe sowie Klavier beinhaltete viel klangfarbliches Potenzial. Jede Musikerin und jeder Musiker des Orchesters gestaltete seinen Part in Eigenverantwortung, und das Kammerorchester musizierte in großer Übereinstimmung miteinander. Musikalische Ecken und Kanten wurden nicht geschliffen, sondern profiliert und unterstrichen. Auf diese Weise erhielt die Werkdeutung, verstärkt durch die rhythmische Prägnanz und die archaische Motivik eine mitreißende Wirkung. Das dunkle Timbre der Mezzosopranistin Lilia Tripodi fügte sich gut in die musikalische Zigeunerromantik.

Bröckelndes Konglomerat

Rico Gubler komponierte sein neuestes Werk „Oton“ im Auftrag des Kammerorchesters Basel. Darin hat er Geräusch- und Sprachsamples aus politischen Reden, Werbeslogans und deren musikalische Kommentierung zueinander in Beziehung gesetzt. Einige Klangfelder mit ineinander verflochtenen Linien und Klangfarbenmustern ließen aufhorchen, und es entstanden reizvolle Wechselwirkungen zwischen den zugespielten geräuschartigen Samples. Über das ganze Werk betrachtet funktionierte jedoch die zugrunde liegende Idee nicht so wirklich. Die zugespielten O-Ton-Passagen aus Reden, beispielsweise von Martin Luther King, Berichterstattungen zum Vietnamkrieg oder auch Werbeslogans lenkten mit ihrer Aussage die Aufmerksamkeit auf sich. Gleichzeitig entzogen die konkreten Inhalte den musikalischen Sequenzen die Wirkung. So entstand ein sprödes Gefüge, das sich nicht als einheitliches Ganzes etablierte. Da nutzte auch die engagierte Spielart des Orchesters wenig.

Im Schatten des Vorangegangenen

Die Sinfonie in D-Dur von Juan Chrisóstomo de Arriaga wurde als letztes Werk des Abends dargeboten. Diese Platzierung ermöglichte mit einigen reizvollen thematischen Gegensätze und Durchführungen sowie gehörfälligen lyrischen Themen zwar eine Entspannung, allerdings stand es allzu sehr im Schatten der drei vorangegangenen Werke. Philippe Bach überzeugte am Dirigentenpult durch seine klare Diktion.