Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Silvia Thurner · 23. Nov 2017 · Musik

Ein ansprechendes Konzert mit eindrücklicher Wirkung – der Pianist Piotr Anderszewski sowie das Münchener Kammerorchester unter der Leitung von Yuki Kasai begeisterten bei „Dornbirn Klassik“

Der Pianist Piotr Anderszewski und seine unkonventionellen Werkdeutungen faszinieren immer wieder aufs Neue. Auf seine ganz eigene Art modelliert er die Musik, er kehrt Motive heraus, betrachtet sie in neuem Licht und verleiht ihnen im Gesamtzusammenhang neue Bedeutungen. So wurden die Interpretationen von Haydns 11. Klavierkonzert und Mozarts Klavierkonzert Nr. 17, (KV 453) im Zusammenwirken mit dem Münchener Kammerorchester zu inspirierenden Erlebnissen. Unter der Leitung der Konzertmeisterin Yuki Kasai sprachen die Musikerinnen und Musiker überdies die Zuhörenden mit einem frühen Werk von Leos Janacek und der Komposition „The path and the traces“ des estnischen Komponisten Erkki-Sven Tüür unmittelbar an und erhielten dafür herzlichen Applaus.

Gleich zwei Klavierkonzerte bei einem Konzert hören zu können, ist allein schon ein besonderes Erlebnis. Mit Piotr Anderszewski am Klavier wurden die Werkdeutungen zu einem spannenden Genuss, der Werkvergleiche möglich sowie die individuelle Meisterschaft der beiden Komponistenfreunde Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart nachvollziehbar machte. Sogleich mit den ersten Tönen in Joseph Haydns Klavierkonzert wurde deutlich, dass das Münchener Kammerorchester unter der Leitung der Konzertmeisterin Yuki Kasai sehr auf eine straffe Phrasierung und kantige Artikulationen Bedacht nahm. So wurden die Themen transparent in den Raum gestellt und entfalteten dabei einen mitreißenden Esprit, den der Solist am Klavier resolut unterstrich und sodann kreativ auskostete. Piotr Anderszewski tauchte vor allem im langsamen Satz ab und entfaltete - getragen von Orchestermusikerinnen und –musikern - den musikalischen Fluss emotional und poetisch. So gab es einiges Altbekanntes anders zu hören, Floskeln wie beispielsweise Tonwiederholungen oder Bassgänge entwickelten mitunter ein faszinierendes Eigenleben. Das Publikum im Dornbirner Kulturhaus hörte sehr aufmerksam zu und so machte sich im Saal eine konzentrierte Ruhe breit, in der sich das musikalische Gestalten und Wirken der Musiker voll entfaltete.

Musik ist Kommunikation

Mozarts Klavierkonzert KV 453, ist im gleichen Jahr entstanden wie das 11. Klavierkonzert von Haydn. Allerdings war die musikalische Aussage eine ganz andere. In vielen kammermusikalischen Dialogen mit den Holzbläsern verflocht Piotr Anderszewski am Klavier den Solopart. Auch in diesem Werk verlieh er manchen Phrasen ein anderes Gewicht und sorgte so für manche Überraschungen, auf die sich das Orchester sehr gut einließ. Die Aufmerksamkeit lenkte beispielweise das Frage- und Antwortspiel im Eröffnungssatz auf sich. In einem atmenden Duktus erklang das in einem langsamen Tempo zelebrierte Andante. Hier ließen die Musiker unter anderem mit rhythmischen Pendelbewegungen aufhorchen, in die sie die musikalischen Motive einschrieben. Humorvoll und mit nachvollziehbarer Musizierlaune schlossen Piotr Anderszewski und das Münchener Kammerorchester das Werk ab.

Ein starkes Jugendwerk

Die Suite für Streichorchester von Leos Janacek (JW 6/2) verströmte eine poesievolle Wirkung. Am Beginn schien es, als ob sich die Musikerinnen und Musiker erst finden mussten, doch danach entfalteten die lyrischen Passagen einen warm abgerundeten Streicherklang. Schön musiziert mit einem gut phrasierten Rhythmus entwickelte das Scherzo einen besonderen Charme. Die „Air“ breitete der Münchener Kammerorchester in einem schönen Geben und Nehmen zwischen den Stimmgruppen aus, darin eingebettet ein emotional dargebotenes Cellosolo.

Gute Ergänzung

Auch das Werk von Erkki-Sven Tüür fügte sich gut in das abwechslungsreiche Programm ein. In dieser Komposition stellten die Musikerinnen und Musiker auf der einen Seite stabile Klangtürme mit schillernden Obertönen in den Raum. Korrespondierend dazu wirkten die verweilenden und teilweise vorwärts strebenden Passagen. Gerade rechtzeitig, als sich der musikalische Fluss in den Pfaden und Spuren zu verlieren drohte, lenkten erneut glitzernde Flageolettklänge die Aufmerksamkeit auf sich, bevor das Werk in einer ätherischen Schlussphrase mündeten.

Ihre Vielseitigkeit und Musizierfreude stellten das Münchener Kammerorchester und die Konzertmeisterin Yuki Kasai bei diesem Konzert eindrücklich unter Beweis. Auf ein Wiedersehen und Wiederhören darf man sich freuen.