Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Silvia Thurner · 26. Nov 2012 · Musik

Dominante musikalische Statements bei den Bludenzer Tagen zeitgemäßer Musik und ein positives Resümee

Politische Grundhaltungen wurden bei den Bludenzer Tagen zeitgemäßer Musik mit der Komposition „Entre deux guerres“ von Dietrich Eichmann angesprochen. Das hervorragende Ensemble Contrechamps Genève unter der Leitung von Michael Wendeberg und der Pianist Stefan Wirth gestalteten die überbordende Musik vieldeutig aus. Wie an den vorangegangenen Abenden wurde mit der energisch spielenden Lee Inhwa ein Bezug zur koreanischen Musik hergestellt.

Der deutsche Komponist Dietrich Eichmann will seine Kompositionen in einem politischen Kontext verstanden wissen, trotzdem ist seine Musik nicht programmatisch angelegt. Das Konzert für Soloklavier und 14 Musiker „Entre deux guerres“ aus dem Jahr 1999 verströmte zuerst einen mitteilsamen Charakter, der die Perspektiven einige Male veränderte. Eine Spannung entwickelte sich vor allem am Beginn des Werkes, wo ein bewegter Hauptgedanke, Tonrepetitionen und signalartige Motive in gleißenden Klängen transformiert und kontrastreich gegeneinander geführt wurden. Nach einem energieentladenden Kulminationspunkt formierten sich neue Gedanken, die konglomeratartig Gestalt annahmen.

Reizüberflutung

Der zu Beginn aufgebaute Spannungsbogen verflachte während der Darbietung rasch. Zwar bot eine Änderung der Hörperspektive, die den musikalischen Moloch als überbordendes Ganzes erfahrbar machte, aus dem individuelle Wahrnehmungen herauskristallisiert werden konnten, kurzfristig neue Anreize. Insgesamt wirkte die Komposition jedoch zu überfrachtet. Vielleicht auch deshalb, weil die Instrumentierung ein differenziertes Hören nicht erlaubte.

Raumergreifend

Im zweiten Konzertteil spielten wieder koreanische MusikerInnen. Das Sanjo für Piri, einem Doppelrohrblattinstrument, belebte Lee Inhwa durch außergewöhnliche Tongestaltungen und angefeuert durch Kommentare von Lee Sang-kyung an der Janggu. Anschließend erklang ein Hojeok Pungnyu auf einem konisch geformten Oboeninstrument mit Metalltrichter. Der grelle Instrumentenklang füllte den Raum mit durchdringendem Ton aus. Bewundernswert waren auch bei dieser Darbietung die Konzentration und die Kraft, mit der die Musik entfaltet wurde.

Resümee

Das Programm der diesjährigen btzm war ein voller Erfolg und eine logische Weiterentwicklung des letztjährigen Festivals, das unter dem Motto „Noise Reduction. Was macht die Gesellschaft?“ stand. Die international renommierten und hierzulande höchst selten zu hörenden Ensembles „Klangforum Wien“ und das „Ensemble Contrechamps Genève“ musizierten die Werkdeutungen auf höchstem Niveau. Vom Kurator Alexander Moosbrugger hervorragend zusammengestellt wurden die Programme mit Kompositionen von Wolfram Schurig, Marc Sabat und Dietrich Eichmann. Unterschiedliche kompositorische Ausdrucksarten boten Anreiz zum Hören, Nachdenken und Diskutieren.

Alexander Moosbrugger hatte sich vorgenommen, den westlich orientierten Kompositionen traditionelle Volksmusik aus Korea gegenüberzustellen. Dieses ‚Wagnis’ ist hervorragend ausgegangen, denn die Musikdarbietungen ergänzten sich gut und rieben sich nicht gegenseitig auf. Die Begegnung mit den höchst virtuos agierenden koreanischen Musikerinnen war ein besonderes Erlebnis.

Darüber hinaus ermöglichten es Kontakte zum Bundesgymnasium Bludenz und zum Vorarlberger Landeskonservatorium, SchülerInnen und StudentInnen Festivalluft zu schnuppern und zeitgenössische Musik in einer konzentrierten Atmosphäre zu erleben.