Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Thorsten Bayer · 26. Nov 2012 · Literatur

Feldkircher Lyrikpreis 2012: Auch der Nachwuchs überzeugt

Einen Tag nach der Verleihung des Feldkircher Lyrikpreises wurden auch die Sieger des Lyrikwettbewerbs für SchülerInnen im Theater am Saumarkt prämiert. Bei „Absolutely: Poem – Das ultimative Gedicht“ setzten sich Anna Helbok, Nina Rastinger (beide 16 Jahre alt) sowie der 14-Jährige Raffael Caldonazzi durch. Im Anschluss stellten junge Autoren ihre Werke vor. Dazu hatten sie jeweils nur eine Minute Zeit.

Die Aufgabe für die jungen Poeten, die sich dem Wettbewerb um das ultimative Gedicht stellten, lautete: „Stell Dir vor, Du schreibst ein Gedicht und es ist das unglaublichste Gedicht, das jemals geschrieben wurde. Es gibt keine Beispiele dafür. Du wirst es erfinden. Welche Themen würde das ultimative Gedicht behandeln? Ginge es um Liebe, um Triebe oder Hiebe? Wie müsste es klingen? Wie muss es sich reimen? Was wäre das ultimative Gedicht, ein Gedicht, das die ZuhörerInnen verzaubert, zum Weinen und Toben bringt, betroffen macht, um den Verstand bringt, die Beherrschung verlieren lässt …?

Ein Strudel aus Sprache

Nach Ansicht der Jury – bestehend aus der Autorin Erika Kronabitter, der Literaturvermittlerin Marie Rose Rodewald-Cerha sowie dem jungen Autoren Marcel Hintner – meisterten zwei Künstlerinnen diesen Auftrag am besten. Anna Helbok aus Höchst, Gymnasiastin am Bregenzer Sacré Coeur Riedenburg, reichte das Gedicht „Zeit Sieben Auf Zeit-Stiegen“ ein. „Das Gedicht zieht den Leser und die Leserin in einen regelrechten Strudel. Sprachlich und rhythmisch entwickelt es einen Sog und lässt den Leser und die Leserin zusammen mit dem Inhalt in ein sinniges Bild eintauchen“, befand Hintner.

Literaturbrunch der „Jungen Szene“

Nina Rastinger aus Gmunden nahm „Mein Haus“ als Metapher für das Ich. „Nina Rastinger arbeitet rhythmisch entlang der Sprache, ohne Stolperstein, mit klarer Überlegung. Die Metapher des Hauses als Körper ist gut gelungen, die dekorierten und geputzten Fenster sind in ihrem sprachlichen Bild gekonnt eingesetzt“, lobte Erika Kronabitter. Ein zweiter Preis ging an Raffael Caldonazzi, der das Gymnasium in Bludenz besucht. Er stellte in „Wie sagt man es deutlich?“ kunstvoll Hochdeutsch und Dialekt gegenüber: „Formal konsequent und rhythmisch, inhaltlich nachvollziehbar und pointiert entlockt er dem Leser immer wieder ein Schmunzeln. So macht Lyrik Lust nach mehr!“ (Rodewald-Cerha).

Untermalt von Rap-Songs aus der Feder von Kerim Bachmann startete der zweite Teil des Literaturbrunches. Moderatorin Daniela Egger, die den kurzfristig erkrankten Marcel Hintner vertrat, bat elf junge PoetInnen zu Ein-Minuten-Lesungen auf die Bühne. Filiz Ugurlu, Isabella Ilg, Kadisha Belfiore, Jacqueline Fritsch, Janik Kokot, Verena Schulz, Yasemin Meteer, Maya Rinderer, Martin Blum, Ida Märk und Anna Helbock nutzten die Chance, ihre Texte vor Publikum zu präsentieren. Die Bandbreite reichte von einem Gedicht in der Tradition von Wilhelm Buschs „Max und Moritz“ (Isabella Ilg) bis zu einem kurzen Poetry-Slam-Text (Kadisha Belfiore). Verena Schulz ließ sich von Edward Hoppers berühmtem Bild „Nachtschwärmer“ inspirieren.

Zehn Jahre Feldkircher Lyrikpreis

Am Abend zuvor war zum zehnten Mal der Feldkircher Lyrikpreis (für Erwachsene) verliehen worden. Zum Jubiläum waren über 600 Einsendungen zusammengekommen, vorwiegend aus Österreich, Liechtenstein, der Schweiz und Deutschland, aber auch aus Frankreich, Spanien und Amerika. Juroren des Wettbewerbes waren Tobias Falberg (Preisträger 2012), Raimund Bahr, Gerhard Fuchs und Marie-Rose Rodewald-Cerha. Sie zeichneten die Niederösterreicherin Elisabeth Steinkellner mit dem ersten Preis aus. Zweite Preise gingen an die beiden Ostdeutschen Sascha Kokot und Andra Schwarz. Besonders die 31 Jahre alte Siegerin überraschte die Jury. „Die Jury war sich einig und sehr überrascht ob der Jugend der Autorin, da die zunächst anonymen Gedichte große Lebens- und Schreiberfahrung vermuten ließen. So freuen wir uns ganz besonders über die Auswahl und sind gespannt auf das, was da noch kommen wird“, formulierte Marie-Rose Rodewald-Cerha.