Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Anita Grüneis · 22. Mai 2021 · Musik

Die Schlossmediale in den Zeiten des Corona - besser denn je

 «In dieser Zeit muss man vor allem flexibel und innovativ sein», meinte die St. Galler Regierungsrätin Laura Bucher an der Eröffnung der Schlossmediale Werdenberg. Wie flexibel und innovativ die Verantwortlichen des diesjährigen Pfingst-Festivals waren, zeigte sich nicht nur beim Programm. Alles ist anders und alles ist prima. Das Thema «Gross und Klein», das schon für letztes Jahr vorgesehen war und dann abgesagt werden musste, eignet sich dieses Jahr besser denn je, denn immer noch hält ein kleiner Virus die Große Welt in Atem.

Bei der Schlossmediale ist es die Kunst, die ihre Besucher in Atem hält. Wie jedes Jahr trifft Neues auf Altes, Bekanntes auf Fremdes, Vertrautes auf Unbequemes. «Die Schlossmediale ist nicht immer eine Wohlfühloase, sie stößt das Eine oder Andere an», meinte denn auch Regierungsrätin Laura Bucher. Genau so war es bei der Eröffnung. Schon beim Eintreten in den Schlosshof werden die großen Besucher klein, denn sie dürfen unter einem Tisch mit zwei Stühlen durchgehen, der für Riesen gemacht zu sein scheint. «Füße baumeln lassen» heißt dieses Kunstwerk, das vom Team Schlossmediale aufgebaut wurde.

Großes Konzert der kleinen Alltäglichkeiten

Das Konzert zur Eröffnung stammte von der spanischen Künstlerin Elena Mendoza und ihrem Partner, dem Regisseur Matthias Rebstock. Sie nahmen sich den Text «Über die große Sache» des vor zwei Jahren verstorbenen deutschen Schriftstellers Günter Kunert vor, dem die deutsche Tiefsinnstradition nicht viel bedeutete. Und so passten denn auch die Kunertschen Worte perfekt zu den Kompositionen, die mit Dingen des täglichen Gebrauchs in Musik umgesetzt wurden und damit durchaus zum großen Nachdenken über kleine Nebensächlichkeiten anregten. Denn wer weiß schon, dass eine Gemüsereibe so phänomenal klingt, wenn eine Handwaschbürste über sie fährt. Dass man auch Schach spielen kann mit kleinen Glöckchen und Strohtürmchen? Und wie es tönt, wenn sich eine leere Flasche an Klaviersaiten herumreibt?

Wanderkonzert vor und im Schloss

«Über die Schwierigkeiten der Umerziehung» nannte sich das Schachspiel, das Tobias Dutschke und Kara Leva souverän vorführten. Über die «Macht der Gewohnheit» referierte die Geigerin Emmanuelle Bernard und ließ aufhorchen bei den Zeilen: «Sanft ruhet die Gewohnheit der Macht auf der Macht der Gewohnheit». Diese Werke wurden im Freien im Schlosshof gespielt. Weitere durften im Schloss selbst erlebt werden, dabei irritieren die Klänge der Instrumente inmitten der alten Gemäuer immer wieder, so auch bei «Le Que Nunca Dijo Nadie», einem ironischen Aphorismus über den Sinn und die soziale Tragweite künstlerischer Schöpfung, bei dem Hubert Steiner seine Gitarre flirren ließ und Emmanuelle Bernards Violine mit Flageoletttönen antwortete.

Die Uraufführung als klangreiches Erlebnis

«Eines Tages Alltäglich», lautete der Titel des Auftragswerk der diesjährigen Schlossmediale an das Künstlerduo Elena Mendoza und Matthias Rebstock, das bei der Eröffnung uraufgeführt wurde. Kara Levan, Sopran, Emmanuelle Bernard, Violine, Tobias Dutschke und Julian Belli, Perkussion, Erik Borgir, Violoncello, setzten den entsprechenden Text von Günter Kunert in Musik um. Oder besser in Musikräume? Kara Levan vereinte ihre helle und klare Stimme mit den Tönen der Glasharfen, dann wieder passte sie sich dem Cello an. Ob sich am Reibeisen ein Messer rieb, in Flaschen gepustet wurde, Schüsseln durch in sie getröpfelte Flüssigkeit tönten – alles wurde zu Musik. Manchmal erinnerten die Klänge an Dada, dann wieder an Rap-Songs und als sich dann beim letzten Stück «Fremdkörper/Variationen» auch noch die Pianistin Talvi Hunt mit ihrem Steinway dazu gesellte, wurde alles nochmals anders, denn das Innere des Flügels spielte mit. So wurden beispielsweise über seine Saiten leere Glasflaschen gerieben und Klemmen eingesetzt. Zum Schluss nahmen die Schwingungen letzte Tonfragmente in sich auf, trugen sie noch eine Zeitlang im Raum umher, um sie dann sanft verklingen zu lassen. Es muss unglaublich schwer für die Musikerinnen und Musiker gewesen sein, diese Komposition und Performance so perfekt abzustimmen. Dass dies gelungen ist, zeugt von der hohen Qualität des Ensembles Ascolta. 

Diese Schlossmediale wartet mit vielen neuen Highlights auf, dafür hat die künstlerische Leiterin Mirella Weingarten wieder einmal gesorgt. Jedes Jahr schafft sie es aufs Neue, an Hörgewohnheiten zu rütteln, Alte Musik in einen neuen Kontext zu setzen und damit ihr Publikum zu erstaunen. Neu ist – zum Motto passend - eine «Kindermediale» integriert, sehenswert ist die Ausstellung «groß und klein» während des gesamten Festivals. Ein Spezialprogramm mit den Naghash Ensemble und Musik aus Armenien ist am Montag um 19 und 21 Uhr zu hören, das Harfenduo Sileas spielt live im schottischen Schloss und wird gestreamt, für eine Midsummer-Night kommt der norwegische Künstler Håkon Mørch Stene am Freitag, den 28. Mai ins Schloss Werdenberg. Die Schlossmediale endet am 30. Mai, am 4. Und 5. Juni können zwei Konzerte im Internet gehört und gesehen werden.

www.schlossmediale.ch