Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Silvia Thurner · 07. Feb 2010 · Musik

Die Freiheit innerhalb der abgesteckten Grenzen ausgeformt - David Helbock und sein neues Trio „Random|Controll“

„Random|Controll“ nennen sich David Helbock, Johannes Bär und Andreas Broger in einer neuen Trioformation, die kürzlich im Theater Kosmos in Bregenz zu hören war. Ungewöhnlich ist die Besetzung dieser Band, denn neben dem Pianisten David Helbock spielen seine Partner Holz- und Blechblasinstrumente quer durch alle Tonhöhenregister. Dies bewirkt eine enorme Klangfarbenvielfalt, die die Musik ungewöhnlich facettenreich erklingen lässt.

Das Trio spielte weitgehend Kompositionen von David Helbock. Eröffnet wurde der Abend mit dem Stück „Öpfili, bist so kugelrund“, das die Raffinesse der Musiker eindrücklich unter Beweis stellte. Die Fäden liefen bei David Helbock am Klavier zusammen, Andreas Broger an den Holzblasinstrumente agierte eher zurückhaltend, das Temperament und die Akzentsetzungen kamen von Johannes Bär. Er belegte mit impulsiven rhythmischen Gesten und viel Körpereinsatz die Musik. So entwickelte sich eine spielerische Experimentierfreude, Vogelgezwitscher und Samples bereicherten den Klangfluss, der unterhaltsam transformiert wurde. Den Wechsel der Instrumente von der Trompete über das Tenorhorn bis hin zur Posaune und Tuba bewerkstelligte Johannes Bär scheinbar mühelos. Ebenso war Andreas Broger mit mehreren Instrumenten - teilweise sogar gleichzeitig spielend - beschäftigt. Dies belebte den Abend und sorgte für Abwechslung. Vor gut einem Jahr hatte sich David Helbock vorgenommen, jeden Tag ein Stück zu komponieren. Aus dieser Sammlung spielte das Trio die Titel „5.1.2009“ und „9.1.2009“. Im ersten Werk gingen die Musiker von einem poetischen Ausgangsmotiv aus, wobei die Atmosphäre durch Zuspielungen und wellenförmig aufgebauschte Klängen in dunklen Registern unterstützt wurde.

Tribut to Lennie Tristano

Mit einem Stück von Lennie Tristano hinterließen die Musiker einen nachhaltigen Eindruck, denn diese Komposition verlangte ihnen ihre ganze Meisterschaft auf den mannigfach eingesetzten Instrumenten ab. Dicht verwobene Linien stellte das Trio plastisch und aufmerksam aufeinander reagierend dar.

Maurice Ravel als Pate

Nach der Pause präsentierten David Helbock und Johannes Bär ihre Version von Ravels bekanntem Klavierwerk „Jeux d’eau“. Ausgehend von plätschernden Wassergeräuschen entwickelten sie das Werk, dessen Hauptthemen David Helbock am Klavier herauskristallisierte. Die Musik war spannend nachvollziehbar und führte nach überquellenden Güssen in brodelnde Gewässer. Zugespielte Samples verdichteten den Klang zudem, so dass sich eine „röhrende“ Raumtiefe einstellte. Allerdings drifteten die Musiker abschnittweise etwas zu langatmig in minimalistisch impressionistische Floskeln ab, bevor sie sich zum Schluss hin wieder auf das Wesentliche fokussierten.

Balladeske Einfachheit

In „Beelzebubs Song“ konfrontierten die Musiker einander mit thematischen Standpunkten, die einesteils mit Nachdruck beibehalten wurden, andernteils zu überraschenden Auflösungen geführt wurden. Auch in diesem spannenden und zugleich humorvollen Werk zeigte sich das Temperament von Johannes Bär. Dass David Helbock mit seiner Musik auch ein Sendungsbewusstsein verbindet, zeigte er mit einem Stück, das die Einfachheit thematisierte. Während er ein Gedicht von Erich Fried rezitierte, spielte er in einem balladesken Ton und zeigte überhaupt keine Scheu vor floral ausgeschmückten Linien und einfachen harmonischen Durchgängen. Diesem Geist entsprang auch „Dream Catcher“.

Stimmakrobaten

Der Schluss war eine zugleich höchst amüsante und beeindruckende Schau ihres Könnens, denn alle drei Musiker präsentierten sich als Stimmakrobaten. Sie führten einen musikalischen Disput, entwickelten komplexe rhythmische Patterns und amüsierten sich köstlich über sich selbst. Das Publikum war begeistert. Von dieser Kunst hätte ich gerne mehr gehört.