Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Silvia Thurner · 21. Sep 2022 · Musik

Die Chorakademie Vorarlberg holt den Komponisten Joseph Eybler vor den Vorhang

Seit vielen Jahren bietet die Chorakademie Vorarlberg ambitionierten Sängerinnen und Sängern des Landes sowie aus Liechtenstein, Deutschland und der Schweiz einen Rahmen für die Aufführung groß angelegter Chororchesterwerke. Spiritus Rektor und musikalischer Leiter ist Markus Landerer, der die Mitwirkenden regelmäßig zu Höchstleistungen motiviert. Die Freude, dass die ursprünglich für Jänner geplanten Aufführungen nun Anfang Oktober stattfinden können, ist bei allen Beteiligten groß.

Nach Messen und Oratorien, unter anderem von Beethoven, Bach, Dvorak, Mozart und Mendelssohn-Bartholdy steht in diesem Jahr eine wahre Rarität auf dem Programm. Zu seinen Lebzeiten (1765-1846) bis fast in die Mitte des 19. Jahrhunderts war Joseph Eybler als Komponist und Kapellmeister hoch angesehen. Für seine besonderen Verdienste als Leiter der Wiener Hofmusikkapelle in der Nachfolge von Antonio Salieri wurde der Musiker im Jahr 1835 sogar geadelt.
Eyblers kompositorischer Stil ist eher konservativ und richtet den Blick in die Zeit des Biedermeiers. Joseph und Michael Haydn waren Cousins und Kollegen bei den Wiener Sängerknaben. Beim berühmten Johann Georg Albrechtsberger lernte Joseph Eybler den Kontrapunkt. Mit Mozart war er befreundet und er assistierte ihm auch bei Proben. Nach Mozarts Tod wendete sich dessen Witwe zuerst an den Komponistenfreund und bat ihn, das unvollendet gebliebene Requiem zu komplettieren. Wahrscheinlich aus Ehrfurcht vor dem großen Meister gelang ihm diese Mammutaufgabe jedoch nicht. Auch im Hinblick auf den künstlerischen Werdegang des etwas jüngeren, sehr innovativen Komponistenkollegen Franz Schubert spielte der traditionsbewusste Joseph Eybler eine unrühmliche Rolle.

Musikalisches Klangmalen


Im Oktober wird die Chorakademie Vorarlberg zusammen mit der Sinfonietta Vorarlberg und Solist:innen Eyblers Requiem interpretieren. Er habe das Requiem schon länger im Auge gehabt, erzählt Markus Landerer, es hätten sich bisher aber immer andere Prioritäten ergeben. „Nun war es der Todestag aber auch der Umstand, dass sich die Chorakademie über ein sehr treues Publikum freuen darf und es darum kein wirtschaftlich desaströses Unterfangen ist, ein Hauptwerk aufs Plakat zu schreiben, dessen Namen die wenigsten je gehört haben.
Joseph Eybler hatte während seines Lebens und Wirkens in Wien ein Naheverhältnis zum Wiener Dom St. Stephan. Es gebe ein Stück von Eybler, das bis jetzt jedes Jahr am Dreikönigstag während der Gabenbereitung im Stephansdom musiziert werde, weiß der Domkapellmeister: Das „Omnes de Saba venient“ – „eine klangmalerische Komposition, in der man tatsächlich die Kamele zu hören glaubt, auf denen die Weisen aus dem Morgenland zum Stall von Bethlehem reiten.“ Eine Aufführung einer Messkomposition oder eines Oratoriums ist aber auch in Wien eine absolute Seltenheit.

Für ein Spitzenorchester komponiert

Unweigerlich drängen sich musikalische Vergleiche zwischen dem Mozart-Requiem und dem Requiem von Eybler auf. In seinem Einführungsvortrag werde er darauf eingehen, denn es gäbe interessante Ähnlichkeiten, so Markus Landerer. Die Tonsprache und Grammatik sei aber eine andere. Eybler selbst fühlte sich vor allem als „Klangmaler". „Lustig ist, dass ein Italiener, nämlich der Wiener Hofkapellmeister Antonio Salieri, in seiner letzten Schaffensphase den musikalischen Biedermeier erfunden hat. Eybler war sein Nachfolger als Hofkapellmeister und nahm diesen Duktus auf. Er suchte aber auch in allem nach musikalischen Bildern und gerade die Vertonung der gewaltigen mittelalterlichen Dichtung „Dies irae“ im Requiem gibt ihm dafür zahlreiche Gelegenheiten.“
Entstanden ist das Requiem für die kaiserliche Hofkapelle, einem Spitzenorchester seiner Zeit. Auffallend viele Bläser verleihen dem Orchesterpart eine imposante Wirkung und ermöglichen viele außergewöhnliche Klangeffekte. Die Sänger:innen sind gefordert, die vielgestaltigen Charaktere der Chorabschnitte auszuformen: Von traditionell polyphonen Teilen in vierstimmigen Fugen, doppelchörigen Abschnitten in dramatischen Sequenzen und piano geführten Chorpassagen im Dialog mit dem Orchester.
Der stark besetzte Orchesterpart beinhaltet vier Trompeten und drei Posaunen und Eybler verwendet Tonartenfolgen, die wir eigentlich erst in der romantischen Epoche vermuten würden. „An die Streicher stellt der Komponist höchste Ansprüche, es interessiert ihn offenbar nicht, dass es gut spielbar ist, sondern unterwirft das Orchester seinen klangmalerischen Visionen“, erläutert Markus Landerer.

Hochgeschätzte Solist:innen

Im Solist:innenensemble finden sich zwei in Vorarlberg bestens etablierte Namen. Die in Dornbirn lebende Sabine Winter singt die Sopran- und der aus dem Walgau stammende Martin Summer die Basspartie. Ergänzt wird das Quartett von der Altistin Katrin Auzinger und dem Tenor Markus Miesenberger.
Der Vorstand der Chorakademie Vorarlberg mit Gerhard Frontull als Präsidenten, ist stets bemüht, auch außerhalb der Landesgrenzen Aufführungsmöglichkeiten zu finden. Pandemiebedingt ist daran aber erst im Jahr 2023 wieder zu denken.

Dieser Artikel erschien bereits in der Printausgabe Dezember 22/Jänner 23 (S. 48-50).

Chorakademie Vorarlberg, Sinfonietta Vorarlberg: „Requiem“ von Joseph von Eybler
Musikalische Leitung: Markus Landerer; Solist:innen: Sabine Winter, Sopran; Katrin Auzinger, Alt; Markus Miesenberger, Tenor; Martin Achrainer, Bass
1.10.2022, 19.30 Uhr
2.10.2022, 11 Uhr
Landeskonservatorium, Feldkirch

www.chorakademievorarlberg.at