Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 14. Mai 2018 · Musik

Diabolische Klanggemälde am Klavier modelliert –Yunus Kaya gab bei „Kultur.Leben“ ein mitreißendes Konzert

Mit einem ausgeklügelten Programm machte der Pianist Yunus Kaya im Rahmen eines Klavier-Recitals bei „Kultur.Leben“ in der Remise Bludenz seine überbordende Musikalität und Meisterschaft auf dem Instrument erlebbar. Mit seinem plastischen Spiel führte er die Zuhörenden in schaurig schöne Fantasiewelten der Romantik. Neben Werken von Scarlatti und Beethoven stellte er die beiden virtuosen Meilensteine der Klavierliteratur, Ravels „Gaspard de la Nuit“ und die Dante-Fantasie von Franz Liszt sehr vital in den Raum.

Mit vier Sonaten von Domenico Scarlatti (K. 87, K. 135, K. 466 und K. 159) steckte Yunus Kaya einleitend einen pianistischen Kosmos ab, bei dem seine raffinierte Spieltechnik und die differenzierte Tongebung in vielen Facetten zur Wirkung kamen. Von Beginn an machte er klar, dass Scarlattis Werke eigentlich für Cembalo komponiert worden sind. Mit sehr dezentem Pedaleinsatz entfaltete er die Themen kristallkar und gab jedem einzelnen Ton und den vielgestaltigen Verzierungen innerhalb des Ganzen seinen individuellen Stellenwert.

Danach waren die besten Voraussetzungen für das erste Mammutwerk geschaffen, das sich Yunus Kaya für diesen Abend vorgenommen hatte, Maurice Ravels „Gaspard de la Nuit“. Die Art wie er die Schauerromantik im besten Sinn auf dem Klavier darstellte und höchst virtuos und konzentriert nachbildete war ein Ereignis der Sonderklasse. Mit seinem Spiel machte der am Vorarlberger Landeskonservatorium als Korrepetitor und Klavierdozent tätige Pianist nachvollziehbar, dass er auf seinem Instrument viel zu sagen hat. Allein die vielgestaltig dargestellten Nuancierungen der Tonqualitäten verliehen der Werkdeutung zugleich einen Energie geladenen Duktus als auch eine bewundernswert feinsinnige Poesie.

Wenn Literatur musikalisch lebendig wird

Die flirrenden Gesten am Beginn spielte er mit einer Leichtigkeit, die Staunen machte und tatsächlich die Undine aus den Wasserfluten aufsteigen ließ. Beklemmend modellierte der Pianist die Glockenschläge im zweiten Abschnitt „Der Galgen“. Die Schwere auf der einen Seite und zugleich die Gegengewichte zwischen Ruhe und Aktion auf der anderen Seite erzeugten eine große immanente Spannung. Ebenso plastisch formte Yunus Kaya im dritten Teil den Zwerg „Scarbo“, der in vielerlei fratzenhaften und grotesken Gesten zum Ausdruck kam.
Der ebenfalls groß dimensionierten Dante-Fantasie von Franz Liszt stellte Yunus Kaya die „Sechs Variationen“ op. 34 von Ludwig van Beethoven voran. Auch in diesem Werk erklangen die Charaktere der einzelnen Sätze detailreich ausgestaltet und zeigten eindrücklich, wie eine kleine Form große Züge annehmen kann.
Eine eruptive Kraft verströmte die Werkdeutung „Aprés une lecture de Dante“ (Fantasia quasi Sonata) von Franz Liszt. Hier imaginierte Yunus Kaya die symphonischen Züge des Klaviersatzes und nahm die Zuhörenden mit auf einen musikalischen Ritt durch die Hölle hin zu einem versöhnlichen Schluss in lichten Höhen, quasi vom Dunkel zum Licht.