Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 14. Mai 2018 · CD-Tipp

Sons Of Kemet: Your Queen Is A Reptile

Der hypnotisch wirkende, aus unterschiedlichen Tribal-Grooves, Afrobeat-, Oriental- und zeitgenössischen Dub-Elementen geflochtene Trommelteppich der Sons of Kemet-Stammrhythmiker Tom Skinner & Seb Rochford, die in ihrer schweißtreibenden Arbeit von drei weiteren Drummern unterstützt werden, die erdig grundierenden Tuba-Linien von Theon Cross und die eingängigen Melodien des meist recht muskulös gespielten Tenorsaxophons von Bandleader Shabaka Hutchings fügen sich auch auf dem dritten Album der äußerst angesagten Londoner Band wieder zu jenem alle Generationen ansprechenden Mix zusammen, der gleichermaßen durchstrukturiert wie entspannt drauflosmusiziert wirkt.

Der 33-jährige Hutchings, der seine Jugendzeit bei seinem Vater auf Barbados verbrachte, ist im Klassikbereich auch als Klarinettist und als Auftragskomponist gefragt und verfügt längst über reichliche Erfahrungen mit den wichtigsten Protagonisten der experimentierfreudigen englischen Jazz-Szene. Beim renommierten Impulse!-Label, dessen Flaggschiffe Coltrane, Rollins, Shepp und Coleman zu den Vorbildern von Hutchings zählen, steht er gleich mit drei Bands unter Vertrag. Für seinen Einstand hat der nach einem Pharao Shabaka Getaufte die gleichermaßen einfach wirkende wie komplex gespielte und mit großer Inbrunst und viel Energie gekochte Rezeptur der 2011 gegründeten, vom Namen her ebenfalls ins antike Ägypten verweisenden Sons of Kemet um eine klare gesellschaftspolitische Komponente erweitert. Mit „Your Queen Is A Reptile“ ist nämlich Elisabeth II. gemeint, der sich, wie der Spoken-Word-Artist Joshua Idehen deutlich macht, die jungen Briten mit Migrationshintergrund nicht verpflichtet fühlen. Sie halte sich aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Macht und ihres Reichtums, der auf Tyrannei und Ausbeutung basiere, für etwas Besseres und werde so zum Symbol für die oft rassistisch begründete Diskriminierung der weniger privilegierten Klassen. Die neun Songs des Albums sind folglich jeweils einer „besseren“ Queen gewidmet, allesamt bedeutende Frauenfiguren der afrikanischen oder afroamerikanischen Geschichte: von der Ashanti-Königin Yaa Asantewaa, die den letzten gr0ßen westafrikanischen Aufstand gegen die britische Kolonialherrschaft anführte, über die legendäre Südstaaten-Sklaven-Fluchthelferin Harriet Tubman, bis zur 1970er-Jahre US-Bürgerrechtsikone Angela Davis. Die Queen dürfte wohl nicht sehr „amused“ sein, ihre Enkel werden dazu tanzen.

(Impulse!/Universal)