Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Silvia Thurner · 07. Apr 2019 · Musik

Der auf dem Klavier singt - Rafał Blechacz zog beim Bregenzer Meisterkonzert die Zuhörenden in seinen Bann

Der viel gerühmte und ausgezeichnete polnische Pianist Rafał Blechacz musizierte im Festspielhaus die beiden Klavierkonzerte von Frédéric Chopin und versetzte mit seinem klangsinnlichen Spiel, vollkommen ohne Allüren und ganz dem musikalischen Ausdruck dienend, die Zuhörenden in Jubelstimmung. Das Mozarteumorchester Salzburg unter der Leitung des quirligen Dirigenten Riccardo Minasi musizierte variantenreich, stand aber an diesem Abend allzu sehr im Schatten des herausragenden Solisten.

Rafał Blechacz wird international vor allem für seine Chopin-Interpretationen gefeiert. Deshalb waren die Erwartungen an den 34-jährigen Künstler vor diesem Meisterkonzert sehr hoch gesteckt. Die Klavierkonzerte von Frédéric Chopin beinhalten sehr viel pianistisches Figurenwerk. Ihre Qualitäten kommen erst zur Wirkung, wenn sie nicht nur virtuos, sondern beseelt und mit einer sehr ausdifferenzierten Anschlagskultur gespielt werden.
Sogleich mit dem bescheidenen Auftreten des Pianisten, der in gewisser Weise auch äußerlich an Frédéric Chopin – so wie ich ihn mir vorstelle – erinnerte, hatte Rafał Blechacz die Sympathien auf seiner Seite. Er musizierte mit ziemlich reduzierten Körperbewegungen und ganz bei sich selbst. Mit intensiver gestalterischer Kraft formte er die Motive und Themen und stellte sie innerhalb der groß gefassten Phrasierungsbögen in Verbindung zueinander. Aus den Tongirlanden schälte er die motivischen Haupttöne mit allergrößer Selbstverständlichkeit heraus und verlieh damit dem dichten musikalischen Fluss stets eine große Transparenz.
Zu dieser sensibel gestalteten Linienführung kam eine bis in kleinste Details austarierte Tongebung. Unglaublich, wie farbenreich und gesanglich Rafał Blechacz die Spannkraft zwischen den Tönen auslotete und damit selten so unterschiedlich gehörte Klangfarben aus dem Steinway herauskristallisierte, markant in den tiefen Regionen und rhythmischen Passagen und edel in locker getupften Tönen in höchsten Lagen.
Der fließende Duktus und die bewundernswerte Anschlagskultur boten beste Voraussetzungen für den ätherisch schwebenden Klang in den Mittelsätzen, den Herzstücken, der beiden Chopin-Konzerte. In einer entspannten Ruhe spielte Rafał Blechacz die Motive und erwirkte damit einen gut nachvollziehbaren Erzählton. Noch dazu entfaltete sich im langsamen Satz des zweiten Konzertes durch die Streichertremoli und die Trillermotive im Klavier eine mitreißende immanente Spannung.
Die robust in den Raum gestellten Tanzrhythmen in den Finalsätzen verströmten Elan und behielten doch ihre kraftvolle Eleganz. Darüber hinaus betonte der Pianist die harmonischen Stützen sowie weitschweifende Klangfelder. Auf diese Weise unterstrich Rafał Blechacz, dass Chopin zu seiner Zeit ein innovativer Kopf war, fern ab von süßlicher Gefühlsseligkeit.
Mit dem fein ausgestalteten Scherzo aus der Klaviersonate Nr. 2, op. 2 von Ludwig van Beethoven dankte Rafał Blechacz für den jubelnden Beifall des Publikums.

Das Orchester im Dienst des Solisten

Die Musikerinnen und Musiker des Mozarteumorchesters Salzburg sowie Riccardo Minasi trugen den Pianisten und stellten sich ganz in seinen Dienst. Besonders die Soli aus den Reihen der Holzbläser wirkten präsent. Ungereimtheiten in der Koordination zwischen dem Solo- und Orchesterpart bei manchen Übergängen trübten den positiven Gesamteindruck nicht. Trotz des herausragenden Solisten verlief die etwas sonderbare Programmgestaltung nicht ganz ohne Längen, denn beide Chopin-Konzerte sind in der musikalischen Aussage ähnlich komponiert.
Zur Einstimmung in den Konzertabend musizierte das Mozarteumorchester Salzburg die Ouvertüre „Im italienischen Stil“ (D591) von Franz Schubert mit Esprit. Riccardo Minasi betonte geistreich die Schubert’sche Sicht auf Rossini. Zuerst wählte er ein eher gemäßigtes Tempo, um zum Schluss hin die Wirkung umso mehr zur steigern.