Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Fritz Jurmann · 12. Aug 2011 · Musik

Dank Gerd Nachbauer besitzt Hohenems jetzt ein Museum mit dem Nachlass der Sopran-Legende Elisabeth Schwarzkopf

Als hätte er mit seiner international besetzten und besuchten Schubertiade und ihren ca. 90 Konzerten pro Jahr in Schwarzenberg und Hohenems nicht schon reichlich zu tun – Festivalchef Gerd Nachbauer ist nun bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr auch zum Museumschef geworden und hat damit ein schon früher heimlich gepflegtes Hobby quasi zum Zweitberuf gemacht. Am Freitag Vormittag wurde im Erdgeschoss der revitalisierten jüdischen Villa Rosenthal in der Hohenemser Schweizer Straße 1, seit langem Sitz der Schubertiade, in einer Presseführung das neue Elisabeth-Schwarzkopf-Museum vorgestellt, das in Form von Briefen, Noten, Fotos und Bühnenkostümen eine Reihe von Originaldokumenten zu Leben und Wirken der wohl legendärsten Opern- und Liedsängerin des 20. Jahrhunderts und anderer wichtiger Musikerpersönlichkeiten aus ihrem Umfeld enthält. Anlass ist der fünfte Todestag der weltbekannten Künstlerin. Das Museum ist am Sonntag, 14. August, ab 14.00 Uhr erstmals geöffnet, bereits um 9.35 Uhr läuft an diesem Tag in ORF 2 eine u. a. auf Materialien dieser Schau beruhende Filmdokumentation über Elisabeth Schwarzkopf.

In persönlicher Zuneigung

Es schwingt eine deutliche Portion persönlicher Zuneigung zu dieser Künstlerin mit, als Gerd Nachbauer nicht ohne Stolz den aus musikhistorischer Sicht wichtigen Teil ihres Nachlasses präsentiert, den er gesichtet und geordnet hat: „So exakt die Künstlerin in ihrem musikalischen Arbeiten war, so nachlässig ist sie mit ihren Bildern und Dokumenten umgegangen. Ich habe dieses Material nächtelang und an den Wochenenden gesichtet und geordnet, und dabei ist für mich aus der unnahbaren Künstlerin ein ganz anderer Mensch entstanden.“ Nachbauer war mit Elisabeth Schwarzkopf über Jahrzehnte hinweg befreundet, sie gab 1978, in den ersten Schubertiade-Jahren, im Hohenemser Rittersaal das letzte Konzert in Österreich vor ihrem Bühnenabschied, war seine Beraterin, wenn es um junge Talente aus ihrer Meisterklasse für das Programm der Schubertiade ging, und hielt hier auch Meisterkurse ab.
Die Biografie einer begnadeten Sängerin, die es sich selbst und ihrer Umwelt nie leicht gemacht hat im Umgang mit der Musik, wird hier wieder lebendig, wenn man sich etwas in die hand- und maschinengeschriebenen Briefe mit ihren Dirigenten Karajan, Böhm, Furtwängler oder Toscanini vertieft, in die Kontakte mit Sängerkollegen wie Christa Ludwig, Maria Callas oder Nicolai Gedda, ihre Fotos als begnadete Marschallin im „Rosenkavalier“ von Richard Strauss sieht oder ihre pompösen Lieblingskostüme, die sie oft auch für mehrere verschiedene Produktionen getragen hat. Dabei wird auch nicht ihre noch zu Lebzeiten viel diskutierte Nähe zum NS-Regime ausgespart, die nach ihren Aussagen jedoch niemals ein offenes Bekenntnis zu den Nazis war, sondern vielmehr eine Überlebensstrategie wie bei vielen Künstlern damals.    
Die letzten 20 Jahre ihres Lebens ab 1986 hat Elisabeth Schwarzkopf in Schruns verbracht, mit Blick auf die geliebten Berge des Montafon, die sie früher alle einmal selber bestiegen hat. Eines der letzten Bilder zeigt sie mit dem Vorarlberger SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner, dessen Einrichtung sie die Hälfte ihres Vermögens vererbte. Am 3. August 2006, also vor fünf Jahren, ist Elisabeth Schwarzkopf 90-jährig in Schruns verstorben. Bis zuletzt war sie, wie Zeitzeugen bestätigen, von enormer geistiger und körperlicher Frische. Wenn sie auch zuletzt am Stock gehen musste – sie war besessen in ihrem Anliegen um gute Musik und im Kampf gegen das ihrer Meinung nach unsägliche moderne Regietheater.

Denkwürdiges Konzert zum 90. Geburtstag

Das ließ sich auch an einem Konzert zu ihrem 90. Geburtstag erkennen, das Gerd Nachbauer am 10. Dezember 2005 im damals neu adaptierten Markus-Sittikus-Saal von Hohenems vor einer illustren Runde internationaler Gratulanten veranstaltete. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie die Schwarzkopf, die sich ein Leben lang nie ein Blatt vor dem Mund genommen hat, nach dem Konzert zum deutschen Bariton Matthias Goerne, der zuvor aufgetreten war, mit recht kritischem Unterton meinte: „Also etwas mehr sollten Sie bei Ihren Liedern schon auf die korrekte Aussprache achten, junger Mann.“ Dabei war Goerne damals bereits selber ein Sänger von großer Reputation. Im Saal herrschte strenges Fotografierverbot, doch als ich es bei der anschließenden Gratulationscour dennoch wagte, einfach abzudrücken und die Schwarzkopf mich dabei ertappte, herrschte Sie mich in ihrer bekannt resoluten Art an: „Sehen Sie denn nicht, wie ich aussehe – eine Frau in diesem Alter fotografiert man nicht!“ Dabei hätte sie sich, wie nebenstehendes Foto zeigt, nicht zu verstecken brauchen – die Schönheit und Ebenmäßigkeit ihrer großen Zeit ließ sich auch in der Reife des Alters noch sehr gut ausmachen.
Nun hat sie also in Hohenems ein weiteres Denkmal erhalten, diese Elisabeth Schwarzkopf, ganz in der Nähe des Franz-Schubert-Museums, das heuer im Frühjahr ebenfalls unter Gerd Nachbauers fachkundiger Hand im alten Pfarrhof neben der Kirche St. Karl entstanden ist. Beide Museen sind heuer noch bis 16. Oktober und 2012 vom 15. April bis 14. Oktober jeweils an Sonn- und Feiertagen von 14.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Im Markus-Sittikus-Saal schließlich, Veranstaltungsort der Schubertiade, steht der aus Hohenems stammende Salzburger Fürsterzbischof Markus Sittikus im Mittelpunkt einer Dauerausstellung. Diese wird heuer im Oktober für die ausschließlich der Klaviermusik gewidmeten Schubertiade-Konzertreihe um eine Sonderausstellung zum Thema „Große Pianisten“ erweitert und ist während der Konzerte zu besichtigen. Nähere Details sind einem aktuellen Folder der Schubertiade zu entnehmen, der auch weitere Hohenemser Sehenswürdigkeiten vorstellt.

TV-Porträt über die Schwarzkopf am Sonntag

Noch vor Eröffnung des Schwarzkopf-Museums sind Teile der dortigen Sammlung zum Bestandteil einer faszinierend gestalteten Filmdokumentation mit vielen historischen Originalaufnahmen über die große Sängerin und ihren Ehemann und Manager, den britischen Produzenten Walter Legge, geworden. Diese Produktion wird unter dem Titel „Getriebene der Kunst“ diesen Sonntag, 14. August, 9.35 Uhr in ORF 2 und am 10. Oktober, 22.15 Uhr, im Kulturkanal Arte ausgestrahlt. Das Porträt der beiden Filmemacher Thomas Voigt und Wolfgang Wunderlich versucht in liebevoll und mit großer Sachkenntnis ausgewähltem Material, ihrem Fühlen und Denken, ihrer eigenen Persönlichkeit nachzuspüren, die „die Schwarzkopf“ vor der Öffentlichkeit stets penibel verborgen hielt.