Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 29. Jul 2018 · Musik

Bittersüßer und dramatischer Klangrausch – Jubel für die Wiener Symphoniker unter der Leitung von David Afkham und Werkdeutungen von Strauss und Ravel

Im Klang schwelgen konnten die Zuhörenden beim zweiten Orchesterkonzert der Bregenzer Festspiele. Die Wiener Symphoniker hatten sich in großer Besetzung mit gut hundert Musikerinnen und Musikern im Bregenzer Festspielhaus eingefunden. Der aus Freiburg stammende Dirigent David Afkham leitete das Orchester mit großer Aussagekraft, so dass die Kompositionen von Richard Strauss und Maurice Ravel in schillernden Farben erklangen. Auch der Pianist Pierre-Laurent Aimard rief mit seiner meisterhaften Darbietung des Klavierkonzerts „für die linke Hand“ von Maurice Ravel Bewunderung hervor.

Die Werkzusammenstellung zum zweiten Orchesterkonzert war gut durchdacht und ermöglichte ein lange nicht mehr so intensiv erlebtes Bad im großen Orchesterklang. Darüber hinaus wurden mit den Werkdeutungen die unterschiedlichen Kompositionstraditionen in Deutschland und Frankreich erlebbar. Die Vergleiche zwischen der „neudeutschen“ Kompositionsart und Orchestrierung á la Richard Strauss sowie der französischen Ästhetik von Maurice Ravel waren spannend und eindrücklich. 

Auf allen Linien überzeugte David Afkham am Pult der Wiener Symphoniker. Die Orchestermusikerinnen und -musiker agierten sehr präsent, alle Werkdeutungen erhielten durch ausgeprägte dynamische Schübe und die feinsinnige Pianokultur ein markantes Profil und die Phrasierungsbögen lebten von der detailreichen Ausformung und Artikulation der Motive. Hoch konzentriert und mit deutlicher Gestik war der 35-jährige Dirigent ganz bei den Musikerinnen und Musikern. Auf diese Weise wirkten unter anderem die zahlreichen Soli, die in allen dargebotenen Kompositionen das musikalische Geschehen maßgeblich prägten, sehr klar positioniert.

Greifbare Phrasierungen

„La Valse“ bildete zugleich den Schluss- und den Höhepunkt des dichten Konzertprogrammes. Die Art, wie Ravel in diesem Werk die Idiome des Wiener Walzers demontierte und vom immer dominanter aufkeimenden Marschrhythmus - in Anspielung an den ersten Weltkrieg - „überrollen“ ließ, kam in der Darbietung der Wiener Symphoniker bewundernswert ausdrucksstark zur Geltung. Darüber hinaus modellierten die Musikerinnen und Musiker die Klangmassen in eindrücklichen Abschattierungen, die die Dramatik des „Poème chorèographique“ sehr bewusst machten. Keine Spur war meiner Wahrnehmung nach von der mitunter innewohnenden Ironie oder dem Sarkasmus, den Ravel in diesem Werk auch anklingen ließ.

Richard Strauss’ „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ op. 28 zeichneten die Wiener Symphoniker sehr plastisch nach. Besonders eindrucksvoll formte David Afkham die Atmosphäre des musikalischen Geschehens im Klanghintergrund und kristallisierte daraus die Aktionen des Till Eulenspiegel im Klangvordergrund. Die Musikerinnen und Musiker folgten dem Dirigenten flexibel und differenziert.

Beeindruckend musizierte der französischen Pianisten Pierre-Laurent Aimard das zweite Klavierkonzert „für die linke Hand“ von Maurice Ravel. Von Beginn an war durch die souveräne klangliche Gestaltungskraft und Phrasierung gut wahrnehmbar, dass Pierre-Laurent Aimard auch im Bereich der zeitgenössischen Musik bewandert ist. Kraftstrotzend formte er den Solopart, dabei unterstrich er zuerst vor allem die perkussive Kraft der Musik und lotete sodann die Melodie tragenden und rhythmischen Passagen mit Drive aus. Aufhorchen ließen auch in diesem Werk die zahlreichen Soli aus den Orchesterreihen, sie kommentierten das Geschehen der Klavierstimme und begeisterten mit energetischen Jazzphrasierungen.

Richard Strauss’ Suite nach der Oper „Der Rosenkavalier“, op. 59 war ein Fest für die opulente Strahlkraft des Orchesters. Die romantisch aufgeladene Tonsprache von Richard Strauss überhöhten David Afkham und die Wiener Symphoniker, indem sie sich Zeit für die Kontemplation in der Musik nahmen und die in sich ruhenden musikalischen Felder mit viel klanglichem Schmelz zelebrierten.