Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 17. Mai 2021 · Musik

Berühmte Kompositionen, ernüchternde Werkdeutungen – Aaron Pilsan überzeugte, doch das Symphonieorchester Vorarlberg unter Nicholas Milton hinterließ einen zwiespältigen Eindruck

Nach dem großen Erfolg, den das Symphonieorchester Vorarlberg mit seinem außertourlichen Konzert in der Kulturbühne AMBACH gefeiert hat, lud das Orchester mit Aaron Pilsan als Solisten und dem renommierten australischen Dirigenten Nicholas Milton in das Feldkircher Montforthaus. Auf dem Programm standen zwei hoffnungsfrohe Werke, das Klavierkonzert Nr. 19 (KV 459) von W.A. Mozart sowie Beethovens „Eroica“. Aaron Pilsan musizierte entspannt und mit einem großen Aufforderungscharakter, doch die Orchestermusikerinnen und -musiker ließen sich wenig aus der Reserve locken. Aufhorchen ließ schließlich der Finalsatz der „Eroica“.

Erst kürzlich hat der aus Dornbirn stammende Pianist Aaron Pilsan ein Album mit Kompositionen von Johann Sebastian Bach vorgelegt. Auch deshalb war die Frage interessant, ob und wie die Konzentration auf Bach die pianistische Herangehensweise an W.A. Mozart beeinflusst hat. Und tatsächlich: Mozarts Klangrede, der Tonfall einzelner Phrasen und das Geben und Nehmen der miteinander kommunizierenden Gesten erklangen in der Werkdeutung von Aaron Pilsan wunderbar differenziert ausgestaltet. Prägnant und mit Esprit phrasiert erklangen die Hauptthemen, die Vorschläge, Trillermotive und Leittöne im Eröffnungssatz. Unter anderem blieben die harmonischen Farbgebungen im Allegretto in Erinnerung. Die fugierten Themenführungen in Kommunikation mit dem Orchester im originellen Finale stellten einen Höhepunkt der Werkdeutung dar. Auch die aufrüttelnden Trillermotive und die Öffnung des Klangraumes in der Kadenz überzeugten.

Bereits die Orchestereinleitung des Klavierkonzerts wirkte meinem Empfinden nach eher schwerfällig, und auch in weiterer Folge reagierten die Musikerinnen und Musiker auf die auffordernden Gesten des Solisten zu zurückhaltend. Im Finale setzten die Celli mit markant ausformulierten Themeneinsätzen Energie frei, so dass sich hier ein bewegter Klangfluss einstellte.

Beethovens „Eroica“ ist eine Komposition, die sehr gut in die Grundstimmung der heutigen Zeit passt. Die sich langsam aus motivischen Keimen entwickelnden Flächen, die aufschwingenden Themen und die Entwicklungsstränge des Werkganzen hin zu einem strahlenden Finale beinhalten vielgestaltige Möglichkeiten für spannungsgeladene Werkdeutungen. Doch die Interpretation des Symphonieorchesters Vorarlberg mit dem auswendig dirigierenden Nicholas Milton am Pult bot in den ersten beiden Sätzen eher wenig Anreize.

Straffe Tempi

Meinem Eindruck nach fand wenig Kommunikation zwischen dem Dirigenten und den Musikerinnen und Musikern statt, denn die ausgeprägte Gestik und der Körpereinsatz des Dirigenten standen in einem merkwürdigen Widerspruch zum Klanggeschehen des Orchesters. Haupt- und Nebenlinien erklangen lediglich an der Oberfläche präzise ausgeformt. Dem Orchester schienen die Zielvorstellungen zu fehlen, beispielsweise wirkten groß angelegte Crescendobögen mitunter wenig vorausschauend ausgeformt. Den Marcia funebre entwickelten die Streicherinnen und Streicher zuerst mystisch, doch auch hier erklang der Höhepunkt undifferenziert. Erst mit der Schlussphrase des zweiten Satzes schien sich der gordische Knoten zu lösen. Das Finale stellten die Musikerinnen und Musiker unter der Leitung von Nicholas Milton imposant in den Raum.

Das Publikum dankte mit viel und herzlichem Applaus.