Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 25. Apr 2011 · Musik

Aus dem Klangfluss heraus modellierte Gestalten – Gérard Korsten und das Symphonieorchester Vorarlberg stellten sich in den Dienst von Anton Bruckner

Zum traditionellen Abonnementkonzert zu Ostern kündigte das Symphonieorchester Vorarlberg zwei Highlights an. Das erste Mal interpretierte der Chefdirigent Gérard Korsten eine Brucknersymphonie. Daneben sollte Mihaela Ursuleasa das erste Klavierkonzert von Franz Liszt spielen. Leider wurde der Auftritt der Pianistin kurzfristig abgesagt, angeblich aufgrund eines Darminfektes. Unter den gegebenen Umständen gelang das Bruckner-Debüt von Gérard Korsten gut. Allerdings setzten die akustischen Bedingungen im Angelika-Kauffmann-Saal in Schwarzenberg dem riesigen Orchesterapparat auch Grenzen.

Die Symphonie Nr. 7 von Anton Bruckner ist in mehrerlei Hinsicht ein Mammutwerk. Nicht nur die über achtzig MusikerInnen und ein breit gefächertes Instrumentarium beleben die monumentale Musik, auch die vielgestaltigen Themen und Motivschichtungen verlangen nach einer differenzierten Linienführung. Eruptive Flächen und Streichertremoli bilden in mehreren Passagen einen Klanggrund, über dem oder aus dem heraus die Hauptthemen modelliert werden. Mit Bedacht auf die zu bewegenden Klangmassen agierte Gérard Korsten weitsichtig und führte die thematischen Hauptlinien markant aus. Auf diese Weise gelang auch die Darstellung gegensätzlicher Motivcharaktere.

Pianokultur und harmonische Klangfarbenspiele

Eine gut ausgelotete Balance zwischen Spannung und Entspannung zeichnete den Eröffnungssatz aus, der mit stoßenden Tremoli und einem gewaltigen Bläsersatz kulminierte. Allerdings fand das Orchester erst allmählich im Laufe des Eröffnungssatzes zu einer in sich geschlossenen Ganzheit. Die hervorragende Streicherkultur des SOV kam im Adagio zur Geltung. Mit einem atmenden Duktus entfaltete sich ein bewegender Pianoklang und das Verhältnis zwischen der Stille und dem Klangfluss wurde vielschichtig ausgelotet. Klangfarbenreich entwickelten sich die harmonischen Schattierungen. Selbstverständlich verfehlten auch in dieser Werkdeutung die so genannten Wagnertuben ihre Wirkung nicht. Spezifische Intervallschritte und Motive wurden in diesem Satz als Reminiszenzen an Werke von Richard Wagner wahrnehmbar. Insgesamt zeichnete sich das Adagio durch einen in sich geschlossenen Blechbläserklang aus.

Totentanz

Das Scherzo wurde als „Höllenritt“ musikalisch inszeniert und mitreißend geformt. Scharfe Artikulationen und thematische Gegensatzpaare verliehen der Musik ein kantiges Profil.
Mit Nachdruck gestalteten die MusikerInnen den Finalsatz, in dem das punktierte Hauptthema wie ein Statement in den Raum gestellt wurde. Unruhig suchend wirkten die auf- und absteigenden Linien. Zahlreiche motivische Klammern ermöglichten Rückblicke auf die vorangestellten Sätze. Hervorragend transformierte Gérard Korsten die Bedrängnis am Anfang des letzten Satzes hin zu einer Apotheose am Schluss.

Spannende Werkdeutung

Obwohl die Klangballungen und dynamischen Schübe im vollen Orchestersatz die akustischen Grenzen des Angelika-Kauffmann-Saales bewusst machten und nicht alle Einzelheiten der Werkdeutung ganz exakt gelangen, boten das SOV und Gérard Korsten eine packende Werkdeutung. Vor allem die großen Spannungsbögen wurden energiegeladen modelliert.