Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 24. Jun 2019 · Musik

Alle vier müssen einen weiten Blick gehabt haben – Jubel für die wunderbar poesievolle musikalische Zeitreise „Paris! Paris!“

Martin Deuring, Stefan Dünser, Martin Schelling und Goran Kovacevic nahmen die Zuhörenden im Seestudio des Festspielhauses mit auf eine fantasie- und humorvoll erzählte Reise in vergangene Zeiten und auf die Suche nach einer auf eine Serviette notierten Melodie. Auf höchstem Niveau spielten und musizierten „Die Schurken“ die klug erzählte Geschichte von Annechien Koeselman. Die Leichtigkeit der Darbietungen ließ dabei ganz vergessen, welch differenzierte und anspruchsvolle Musik das Werkganze zusammenhielt.

Endlich war es soweit und die Österreichpremiere des bereits im Vorjahr in der Philharmonie Luxemburg präsentierten Musiktheaters „Paris! Paris!“ war im Rahmen von Cross Culture bei den Bregenzer Festspielen zu erleben. Allein die zahlreichen Kooperationspartner (Niedersächsische Musiktage, Philharmonie Luxemburg, Kölner Philharmonie, Martinu Festtage Basel sowie Bregenzer Festspiele) zeigen, dass „Die Schurken“ international zu den besten Ensembles im Bereich der sogenannten Musikvermittlung zählen. Die Qualitäten von Martin Deuring (Kontrabass), Stefan Dünser (Trompete), Goran Kovacevic (Akkordeon) und Martin Schelling (Klarinette) sind sehr spezifisch. Neben ihrem meisterhaften musikalischen Niveau verfügt jeder der vier Musiker über große schauspielerische Talente, eine ansteckende Spielfreude und die kreative Bereitschaft, diese Eigenheiten aufs Äußerste auszureizen. Die Selbstverständlichkeit mit der dies geschah, verströmte auch im Seestudio des Bregenzer Festspielhauses einen Zauber, den alle Zuhörenden im Saal ganz unmittelbar ansprach und teilnehmen ließ.

Sogwirkung

Annechien Koerselman hat eine humorvolle Geschichte geschrieben, in der der künstlerische Charme in Paris während den 1920er Jahren gut zum Tragen kam. Die Musiker sehnten sich zurück in frühere Zeiten. Kurzerhand starteten sie ihre Zeitmaschine, die sie dorthin versetzte und eine Begegnung mit Erik Satie - wunderbar verkörpert von Martin Schelling - möglich machte. Nach einer Zwischenlandung im Jahr 1938 gelangten die Musiker wieder in die Gegenwart. Dazwischen ereigneten sich spannungsgeladene Interessenskonflikte, humorvolle Begebenheiten und sogar zwei Ohnmachtsanfälle.

Stimmige Musikzusammenstellung

Jede dargebotene Komposition rund um die Hauptthemen aus „Je te veux“ sowie „Gnosienne Nr. 5“ von Erik Satie wirkte organisch in die Handlung eingebunden. Dazu verlieh der ethnische Touch einzelner Werke, wie „Orientale“ von Enrique Granados sowie „Contrabajeando“ von Astor Piazzolla, Béla Bartoks „Rumänische Volkstänze“, die „Reine de Musette“ von Jean Peyronnin und Albin Bruns „Xehadi i da Seebadi“ dem Musiktheater eine ansprechende Bewegtheit. Drei Stücke komponierte Marcus Nigsch speziell für „Paris! Paris!“ und betonte mit Zitaten von Bohuslav Martinu die individuelle Note des Musiktheaters. Marcus Nigschs Kompositionen deuteten die Atmosphäre der Szenen hervorragend aus, unter anderem mit dem Stück „Paris is a moveable feast“, das mitten hinein führte in die Bars und Kabaretts oder mit dem selbsterklärenden Werk „Preparer Café du Dôme“. Eine geballte Ladung Aufregung und auch Wut verströmte das Werk „Fast Krieg“, das Stefan Dünser und Martin Deuring mit ihrem Schauspiel gut nachvollziehbar und virtuos darstellten.

Abwechslungsreiche Dramaturgie

Auch dramaturgisch war „Paris! Paris!“ gut aufgebaut. Zwischendurch luden die Musiker das Publikum ein, mit Geräuschen und Bodypercussion bei der Zeitreise mitzuwirken. So sorgten das Ticken der Uhr, das Anpeilen des Ortes sowie die Geräusche der unterschiedlichen Bewegungsmittel für viel Abwechslung.

Mit „Paris! Paris!“ gelang den Schurken in der Regie von Annechien Koreselman und der Ausstattung von Nina Ball ein faszinierendes und inhaltsreiches Musiktheater.