Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 31. Jän 2011 · Musik

Abwechslungsreiche Klangwelten durchschritten – Lucas Niggli und Band imponierten mit aufregender Musik

Der Schlagzeuger Lucas Niggli ist ein gern gesehener Gast am Dornbirner Spielboden. Beim ersten Konzert der aktuellen „Jazz&“ Reihe musizierte er mit seinem Ensemble „Big Zoom“ sowie zwei neuen Bandmitgliedern. Die vielseitige Flötistin Anna La Berge und der außergewöhnliche Bassist Barry Guy bewirkten eine enorme klangliche und stilistische Erweiterung. Präsentiert wurden die beiden groß angelegte Kompositionen „Polisation“ und „Nirwana“, mit denen Lucas Niggli als Komponist eine spannende Reise in raffiniert konzipierte Musik antrat und die Zuhörenden mitten hinein führte in spannende Klangentwicklungen und anspruchsvolle Improvisationen.

Eine Hommage an Edgar Várese nannte Lucas Niggli sein neuestes Projekt und gab damit einen wichtigen Hinweis auf seinen musikalisch-kompositorischen Zugang. Ausgehend von sämtlichen Geräusch- und Klangqualitäten, die uns in unserer Umwelt umgeben, entwickelte er eine fein ziselierte Musik, die von einer Suche nach irisierend ausformulierten Klangfeldern bestimmt ist. Diese dienten als Ausgangsbasis für Improvisationen, die die hervorragenden Bandmitglieder ganz individuell ausfüllten.

Die Flötistin und der Posaunist

Anna La Berge und Barry Guy fügten sich kreativ in die musikalischen Welten von „Big Zoom“ ein. So standen dem Schlagwerker Lucas Niggli für seine kompositorischen Arbeiten zwei Klangfarbengruppen zur Verfügung, auf der einen Seite die Bläser, ausdrucksstark ergänzt durch E-Gitarre und Bass. Starke Fundamente mit vielschichtigen rhythmischen Mustern bot Lucas Niggli selbst von seinem Schlagwerk aus.
Aufregend spielte die Flötistin ihre Parts. Sie ging von atmenden Luft- und Klappengeräuschen aus, überlagerte die Töne in unzähligen Farbschattierungen mit der eigenen Stimme und fabrizierte kreativ ausgeformte improvisatorische Klangfelder. Zusätzlich bereicherte sie die Musik mit elektronischen Sounds. Ihr zur Seite agierte ebenso ideenreich und vielschichtig der Posaunist Nils Wogram. Er entfaltete auch aus der Sprache generierte, spannende Klangqualitäten und musikalisch-improvisatorische Entwicklungsstränge.

Gitarrist und Kontrabassist

Stets präsent, als wichtiges Bindeglied zwischen exakt notierten Passagen und improvisierten Teilen, war der Gitarrist Philipp Schaufelberger. Er spielte spannende harmonische Durchgänge und verkörperte den eher ‚lyrischen’ Part der Gruppe. Auch optisch trat der temperamentvolle Bassist Barry Guy oft in den musikalischen Vordergrund. Sein unkonventionelles Spiel und seine spektakulären Spieltechniken, die nuanciert fabrizierten Flageoletts und andere Spielarten belebten die Musik. Allerdings wirkte vor allem die elektronisch verstärkte Passage im zweiten Satz der „Polisation“ unnötig aufgemotzt.

Schlagzeuger und Komponist

Die Fäden liefen bei Lucas Niggli zusammen, der vom Schlagwerk aus die Musikerkollegen anleitete und die Musik vielschichtig unterstrich. Bemerkenswert entwickelte er polyrhythmischen Passagen und stellte straffe rhythmische Felder in den Raum. Weniger Rasseln und andere Utensilien, mit denen abschnittweise klangliche Unterlagen geschaffen wurden, hätten dem Gesamteindruck gut getan, allzu sehr in Klangwolken eingetaucht wirkten einige solistische Passagen der hervorragenden Solisten.
„Big Zoom“ bot einen anspruchsvollen Musikabend, der vielerlei Hörebenen öffnete und anregend wirkte. Die fein ziselierten klanglichen Entwicklungslinien und die unterschiedlichen musikalischen Stationen, die die Musiker zusammen oder solistisch improvisatorisch einnahmen, waren spannend und gut mitzuerleben.