Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 09. Okt 2011 · Musik

Das erste Abonnementkonzert des Symphonieorchesters Vorarlberg als Wechselbad der Gefühle – Jubel für Aaron Pilsan, Langeweile mit Franz Berwald

Zum Saisonstart des Symphonieorchesters Vorarlberg musizierte Aaron Pilsan aus Dornbirn das zweite Klavierkonzert von Camille Saint-Saens und erntete damit Jubelstürme. Mit bewundernswerter Ausdruckskraft gestaltete der erst Sechszehnjährige virtuose Klangkaskaden und lenkte die Aufmerksamkeit auch auf die lyrischen Passagen. Einleitend erklang die zweite Symphonie von Saint-Saens, abschließend wurde die Symphonie Nr. 4 von Franz Berwald präsentiert. Schön, dass das SOV auch ein Augenmerk auf Unbekanntes legt. Doch dieses Werk wurde zurecht in den Schubladen vergessen. Ari Rasilainen dirigierte das SOV mit Ruhe, allerdings wirkte der Klangfluss abschnittsweise schwerfällig.

Die Spannung im Saal war spürbar, als Aaron Pilsan die Bühne betrat, sich in Ruhe ans Klavier setzte und mit seinem Spiel begann. Höchst konzentriert und mit perlender Klarheit formulierte er die improvisatorische Einleitung des Saint-Saens Konzertes. Dabei kristallisierte er vor allem die harmoniestützenden Töne heraus und verlieh dem melodischen Fluss gute Gewichtungen und Klangfarben. Eine individuelle Gestaltungskraft zeichnete die Interpretation aus. Wirkungsvollen Steigerungen setzte Aaron Pilsan in sich ruhende Passagen entgegen, in denen er die motivische Quintessenz herausfiltrierte. Tänzerisch und mit einem legeren Aufforderungscharakter musizierte er den Mittelsatz, in dem sich ein schöner Groove entwickelte. Die luftigen Trillermotive im Finalesatz führte er durch die unterschiedlichen Tonlagen, verlieh ihnen Prägnanz und die notwendige Leichtigkeit. Abschließend wurde die Kraft auf pompösen Glockenschläge fokussiert und damit eine bombastische Schlusswirkung erzielt.

Mit Herz und Hirn

Aaron Pilsan wirkte selbstbewusst im Spiel und strahlte eine sympathische Bescheidenheit aus. Das Publikum und die Musikerkollegen im Orchester feierten den Musiker herzlich. Mit zwei Werken von Chopin dankte Aaron Pilsan. Derzeit besucht er die sechste Klasse am Gymnasium. Seit 2007 studiert er überdies beim renommierten Klavierpädagogen Karl-Heinz Kämmerling in Hannover. Aaron Pilsan besitzt das Potential und die Persönlichkeit für einen Künstler, der Musik mit Herz und Hirn zu gestalten vermag. Dies war im Festspielhaus Bregenz eindrücklich zu erleben.

Gleich der erste, leider wenig prägnante Einsatz war symptomatisch für die Rolle des Orchesters innerhalb der Werkdeutung. Ungewöhnlich träge wirkte der Klangfluss, die Koordination mit dem Solisten gelang nicht optimal.

Saint-Saens bot einige Höhepunkte

Die zweite Symphonie von Camille Saint-Saens musizierte das SOV unter der Leitung von Ari Rasilainen transparent und mit einer guten Balance zwischen den Stimmgruppen. Eine schöne Pianokultur zeichnete den langsamen Satz aus, in dem Raum für jede einzelne Stimme war. Etwas ungenau erklang das Scherzo. Vor allem der Schluss des Prestissimos mit der Reduktion auf das Wesentliche und der kammermusikalischen Idylle beeindruckte. Daraus führte Ari Rasilainen das Orchester zu einem bemerkenswert gestalteten Finale.

Symphonie von Franz Berwald hat wenig Substanz

Franz Berwald ist wenigen Kennern bekannt, ab und zu ist Kammermusik des schwedischen Komponisten zu hören. Mit Spannung erwartete ich die Interpretation der „Symphonie naive“. Doch die Erkenntnis, dass es oft einen Grund gibt, warum Werke des 18. und 19. Jahrhunderts in den Schubladen verschwinden, bestätigte sich auch im Fall dieser Komposition.

Dabei begann das Werk in den ersten beiden Sätzen vielversprechend. Ein eingängiges Thema wurde transparent verarbeitet. Aufhorchen ließen überraschende Wendungen und Transformationen, die Berwald aus Themenfragmenten abspaltete und teilweise originell zueinander in Beziehung stellte.

Im liedhaft formulierten langsamen Satz erklang ein eingängiges Ausgangsthema, das von den OrchestermusikerInnen schön in unterschiedliche harmonische und klangfarbliche Szenarien und Lichteffekte getaucht wurde. Die beiden nachfolgenden Sätze wirkten jedoch eher fantasielos, dauernde Wiederholungen und eine allzu vorhersehbare Musik mit penetrant wirkenden harmonischen Bestätigungen und oberflächlichen Steigerungseffekten langweilten. Noch dazu wirkte die Gestaltungskraft von Ari Rasilainen nicht gerade inspirierend.

Konzerttipp:

Sonntag, 20.11.2011, Klavierabend mit Aaron Pilsan, Kulturhaus Dornbirn, 20 Uhr