Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 09. Okt 2011 · Film

Aktuell in den Filmclubs (10.10. - 16.10. 2011)

Hinreißendes französisches Kino steht diese Woche auf dem Programm der Filmclubs. Während Michel Leclerc in „Le nom des gens“, der im Takino Schaan läuft, auf den Spuren des frühen Woody Allen wandelt, gelang Jean-Pierre Ameris mit „Les emotifs anonymes – Die anonymen Romantiker“, der vom Filmforum Bregenz gezeigt wird, eine federleichte zartbittere Liebesromanze.

Le nom des gens - Der Name der Leute: Er ist ein zurückhaltender auf die 50 zugehender Ornithologe mit dem französischen Allerweltsnamen Arthur Martin, aber mit tragischer verdrängter Familiengeschichte. Sie ist um die 30, heißt Bahia und alle halten sie für eine Brasilianierin, doch ihr Nachname Benmahmoud offenbart ihre algerischen Wurzeln. – Namen wecken Vorstellungen, sagen aber letztlich nicht allzu viel über die Identität der Namensträger, lenken vielfach sogar auf falsche Fährten.
Im Gegensatz zu Arthur ist Bahia lebenslustig und impulsiv. Sie schläft mit allen Rechten, um sie im Bett politisch zu bekehren. Auch Arthur, mit dem sie zunächst heftig zusammenkracht, hält sie für einen Fascho. Sogleich will sie mit ihm schlafen, doch er lehnt ab – und dennoch oder vielmehr deswegen entwickelt sich eine scheinbar unmögliche Liebesgeschichte.
Diese Liebesgeschichte ist für Michel Leclerc aber in erster Linie der Bodensatz um ein ungemein temporeiches, schier atemloses und leichthändiges Spiel um Fragen nach der Identität, um offenen Umgang mit der eigenen Familiengeschichte und Verdrängung zu entwickeln und in der konkreten privaten Geschichte vom Umgang der französischen Gesellschaft mit diesen Themen zu erzählen.
Als Vorbild nennt der Franzose Woody Allen und im Speziellen dessen „Der Stadtneurotiker“. Wie bei den frühen Filmen des New Yorkers sprühen auch bei Leclerc die Dialoge vor geistreichem Witz. Unverkrampft werden heikle Themen angesprochen, lustvoll agieren die SchauspielerInnen. Wunderbar zurückhaltend spielt  Jacques Gamblin den Ornithologen, ungemein offensiv und mit großem Körpereinsatz dagegen Sara Forestier Bahia. Gewiss ist freilich bei so einer Komödie, dass am Ende die Liebe siegen wird und Leclerc verbreitet auch die Hoffnung, dass Rassismus und Grenzen zwischen Ethnien durch die Zeugung von Mischlingen überwunden werden kann.
Takino Schaan: Do 13.10., 20.30 Uhr; Sa 15.10. + So 16.10. – jeweils 18.30 Uhr


Les emotifs anonymes - Die anonymen Romantiker: Wie für einander geschaffen sind die Chocolatière Angélique und ihr Arbeitgeber Jean-Réne. Wunderbar können sie sich über die Geschmacksnuancen von Schokolade unterhalten, doch aufeinander zugehen können sie nicht, denn beide sind hochsensibel und in ihren Ängsten gefangen. Sie fällt immer wieder in Ohnmacht, er reagiert bei einem Date panisch. Sie sucht Heilung bei einer Selbsthilfegruppe, er versucht es mit Einzeltherapie beim Psychiater. Selbst würden sie wohl dennoch nie zueinander finden, doch es gibt noch die Belegschaft der Schokoladenmanufaktur, die versucht den beiden einsamen Seelen zum gemeinsamen Glück zu verhelfen.  
„Die Bitterkeit ist das wichtigste bei Schokolade“ erklärt Angélique einmal Jean-Réne. Daran hat sich wohl auch Jean-Pierre Ameris bei seinem fünften Spielfilm orientiert. Wie gute Schokolade zergeht einem diese federleichte Komödie auf der Zunge, gleitet wunderbar rund dahin, ist hochromantisch, aber nie sentimental. Lachen kann man über das Duo und fühlt doch immer mit ihnen, denn ihre Verzagtheit und Ängstlichkeit ist nachvollziehbar und geht einem nahe. Das liegt freilich auch an den beiden Hauptdarstellern Isabelle Carré und Benoît Poelvoorde. Zuzusehen, wie sie die beiden beziehungsunfähigen Schokoladefans spielen, er den etwas tollpatschigen älteren Fabrikanten mit hoher Stirn, sie mit großen Augen die jüngere und alles über sich ergehen lassende Chocolatière, bereitet ungetrübtes Vergnügen. Ganz auf seine beiden Protagonisten konzentriert sich Ameris deshalb bei seiner rundum gelungenen warmherzigen Liebesromanze, lässt Carré und Poelvoorde Raum ihre Figuren zu entwickeln und bevorzugt keinen von beiden, sondern wechselt immer wieder die Perspektive.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 13.10., 20 Uhr; Sa 15.10., 22 Uhr