Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 28. Jul 2009 · Musik

„Die Bisse ins Gewissen sind beschissen“ - Benedict Masons Musiktheater begann vielversprechend und verlor sich in Plattheiten

Im Auftrag der Bregenzer Festspiele komponierte der englische Komponist Benedict Mason das musiktheatralische Werk mit dem unsäglichen Titel „Da hleeo durum daree durum dittm da herum“. Darin beschäftigte er sich mit der Internationalisierung unserer Gesellschaft und mit dem musikalischen Erbe und den Möglichkeiten dieses an andere Orte zu transferieren. Es entstand eine teilweise poesievolle und bewegungsreiche Performance, die auf der Werkstattbühne gezeigt wurde. Die mitwirkenden, teilweise auch aus Vorarlberg stammenden KünstlerInnen setzten eigene Akzente. Allerdings hielt sich die Spannung nicht bis zum Schluss. Einige Anspielungen und Querverweise bedienten allzu gängige Klischees und Masons Musik mangelte es vor allem in den Schlusspassagen an Kraft.

Die KünstlerInnen dieser Performance waren einerseits international bekannte MusikerInnen wie Franck Ollu (Horn), Hossein Omoumi (Ney-Flöte), Marcus Rojas (Tuba), Arkady Shilkloper (Alphorn), Tanja Becker-Bender (Violine), Sabine Frick (Violoncello) sowie Holger Bülow und Graham Valentine als Schauspieler. Darüber hinaus wurden hierzulande bekannte MusikerInnen, SängerInnen und VolksmusikantInnen zur Mitwirkung eingeladen. Zu erleben waren die Crazy Voices, Anton Lingg, die Bergziegen, die Vielsaitigen, ein Teil der Hausmusik Fink, die Okarina-Musik Nägele, die Rubachtaler, Mitglieder der Trachtengruppen Lustenau, Anna Rädler und eine Alphorngruppe.

Beginn weckt eine innere Erwartungshaltung

Benedict Mason kreierte eine Performance, in deren Verlauf die gesamte Werkstattbühne als Aktionsraum diente. Die Aufführung begann reduziert, indem eine Geige in einem Cellokoffer transportiert wurde, dazu erklang „Der dritte Mann“. Die Spannung und Erwartungshaltung auf die kommende Entwicklung stieg, das Hören wurde auf Fragmente von Gesprächen gelenkt. Der Raum wurde von den Protagonisten langsam durchmessen, dazu erklangen fein abgestimmte Liegetöne, die eine fast sakrale Stimmung verströmten. Benedict Mason hat vor allem in der ersten Hälfte des Stückes ein gutes Gespür für die Proportionen bewiesen, denn die Langsamkeit wurde von hektischen Bewegungen unterbrochen, witzige Anspielungen und theatralische Überraschungsmomente brachten das Publikum zum Lachen.

Gute Sounds - unter anderem mit Bowlingkugeln

Ein anregendes Spiel von gleichzeitig stattfindenden Aktionen und teilweise visuelle Anspielungen auf das Ambiente in Bahnhofs- und Flughafenhallen bewirkten eine konzentrierte Atmosphäre. Einige Abschnitte boten konkrete Verweise auf musikalische Traditionen. Beispielsweise boten altbekannte Hirtenrufe und die musikalische Transformation derselben, die sich in ein Stimmengewirr verwandelte, zahlreiche Anreize. Bowlingkugeln, die durch den Raum donnerten, ein metallisches Scheppern von Gitarrensaiten und Rhythmen, die mit Licht unterstützt wurden, und zahlreiche weitere klang- und bildgebende Ideen ergänzten den positiven Gesamteindruck.

Unbefriedigende Entwicklung

In der zweiten Hälfte der Performance überwog jedoch der Eindruck, dass das Werk künstlich in die Länge gezogen wurde, denn die künstlerische Stringenz konnte nicht beibehalten werden. Zu Beginn gewährten eher abstrakte Bilder viel Freiraum für eigene Fantasien, im weiteren Verlauf wurden die Vorgaben jedoch immer engmaschiger. Deshalb wuchs die Ungeduld vor allem in jenen Passagen, in denen langweilige Musik erklang, während die virtuosen Musiker wie Arkady Schilkloper oder Marcus Rojas nur rudimentär in Aktion treten konnten. Platt war vor allem jener Abschnitt in der Bach-Gounods „Ave Maria“ herhalten musste und auch „Ernas Story“, eine Soldatengeschichte, wirkte unpassend. Benedict Mason verwendete ein Konzept aus den 60er Jahren und es stellte sich die Frage, ob es in dieser Art noch funktionieren kann, denn musikalisch lief sich die Performance zum Schluss hin tot. Als am Ende durch das geöffnete Tor auch noch die Klänge der „Aida“ in die Werkstattbühne drangen sowie Anklänge an die Minimalmusic ertönten, ergab sich die Antwort schnell. John Cage hätte zu seinen besten Zeiten eine Freude mit dieser Performance gehabt, hier und heute relativierte sich der positive Beginn des Werkes und driftete zum Schluss hin gar in die Beliebigkeit ab.